Atempause für Rousseff im Machtgerangel in Brasilien

Sao Paulo (APA/AFP) - Im Machtgerangel in Brasilien hat Präsidentin Dilma Rousseff am Freitag eine Atempause erhalten: In mehr als 30 Städte...

Sao Paulo (APA/AFP) - Im Machtgerangel in Brasilien hat Präsidentin Dilma Rousseff am Freitag eine Atempause erhalten: In mehr als 30 Städten versammelten sich Anhänger der Präsidentin zu Unterstützer-Kundgebungen. Ein Gericht in Rio de Janeiro erklärte es für zulässig, dass Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva als Stabschef in die Regierung eintritt - und der Präsidentin damit Rückendeckung verschafft.

Die regierende Arbeiterpartei und der Gewerkschaftsbund CUT hatten zu den Demonstrationen aufgerufen, mit denen die Präsidentin öffentliche Unterstützung erhalten sollte. In Maceio versammelten sich schon am Morgen mehrere tausend Menschen unter roten Fahnen.

In Sao Paulo ging die Polizei mit Wasserwerfern und Blendgranaten gegen ein Protestcamp von Gegnern Rousseffs vor. Die Beamten trieben 150 Demonstranten auseinander, die seit rund zwei Tagen vor dem Gebäude der Industrievereinigung FIESP campierten. Die FIESP lehnt die linksgerichtete Präsidentin offen ab, der Sitz der Industrievereinigung wurde inzwischen zu einer Art Hauptquartier der Protestbewegung.

Die Staatschefin ist politisch äußerst angeschlagen, Massenproteste gegen sie dauern seit Tagen an. Am Sonntag waren rund drei Millionen Gegner auf die Straßen gegangen. Am Donnerstag setzte das Parlament eine Sonderkommission ein, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin prüfen soll.

Rousseff wird unter anderem für die schlimmste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Darüber hinaus gibt es weitreichende Korruptionsvorwürfe, ein Großteil davon ist mit den Geschäften des Ölkonzerns Petrobras verknüpft.

Ex-Präsident Lula kann indes nach der jüngsten Entscheidung der Justiz offenbar doch sein Amt als Stabschef der Regierung antreten. Ein Gericht in Rio de Janeiro erklärte am Freitag die gegenteilige Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts für nichtig. Allerdings sind zwölf weitere Verfahren anhängig, so dass der Fall noch nicht als geklärt angesehen werden kann.

Der charismatische Ex-Präsident Lula soll seiner Nachfolgerin politische Rückendeckung geben. Rousseff droht die Amtsenthebung. Die Opposition wirft Rousseff vor, Budgetzahlen geschönt und ihren Wahlkampf illegal finanziert zu haben. Lula war selbst von 2003 bis 2011 Präsident. Die Zustimmungswerte der linksgerichteten Präsidentin liegen bei knapp zehn Prozent. Rund 60 Prozent der Brasilianer sind für ihre Amtsenthebung.

Lula droht seinerseits eine Anklage wegen Korruption und Geldwäsche. Konkret geht es um eine Luxuswohnung und einen Landsitz, mit denen Lula geschmiert worden sein soll. Der Ex-Präsident weist die Vorwürfe zurück. Die Berufung Lulas ins Kabinett diente nach Ansicht der Kritiker dazu, ihm Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung zu gewähren.

Ein Telefonat zwischen Lula und Rousseff, bei dem es um dessen Berufung ins Kabinett ging, wurde abgehört und in die Öffentlichkeit gespielt. Eine Formulierung der Präsidentin aus dem Telefonat, nach der Lula die Ernennungsurkunde „erforderlichenfalls“ nutzen könne, wurde als Hinweis auf eine Schutzfunktion gegen eine Verhaftung verstanden.

Rousseff sagte am Freitag, die Staatschefin genieße „verfassungsmäßige Rechte“, die sie schützen sollten. Wer den Präsidenten abhöre, werde in vielen Ländern „ins Gefängnis“ gebracht. Sie werde „die Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind“, fügte die Präsidentin hinzu.