Internationale Pressestimmen zum EU-Türkei-Deal 2
Brüssel (APA/dpa) - „de Volkskrant“ (Amsterdam):...
Brüssel (APA/dpa) - „de Volkskrant“ (Amsterdam):
„Die EU bezahlt jetzt den Preis für die vernachlässigte Pflege der Beziehungen zur Türkei. Jahrelang wurde Ankara bei den Verhandlungen über die 1999 versprochene EU-Mitgliedschaft hingehalten. Die Türkei wollte wohl, aber Europa musste nicht. Nun wurden die Rollen getauscht und für Ankara wurde in den Verhandlungen ein neues politisches Kapitel aufgeschlagen. Und das zu einem Zeitpunkt, da die Pressefreiheit in der Türkei öffentlich in Ketten gelegt wird.
Die EU büßt auch für ihre eigene Nachlässigkeit. Für die mangelnde Bewachung ihrer Außengrenzen zum Beispiel, wodurch illegale Migranten mühelos von Griechenland in die Niederlande, nach Deutschland und Schweden weiterreisen konnten. Außerdem bezahlt sie den Preis für die Zerstrittenheit der Mitgliedstaaten.“
„Magyar Nemzet“ (Budapest):
„In Anbetracht dessen, dass ein Tag 1.440 Minuten hat, heißt dies, dass in den fünf Hotspots (in Griechenland) grob zweieinhalb Minuten zur Verfügung stehen, um eine der täglich 3.000 dort ankommenden Menschen zu ‚bearbeiten‘, also um zweifelsfrei festzustellen, ob der Betreffende Recht auf Asyl hat oder an die Türkei übergeben werden kann. (...) Das ist eine gnadenlose Aufgabe. Kurz: Griechenland ist dafür nicht vorbereitet. (...) Und seien wir ehrlich: Kann man überhaupt als Europäer, als Gemeinschaft moderner, aufgeklärter Menschen, für einen solchen Menschenmarkt vorbereitet sein?“
„Midi Libre“ (Montepellier):
„Man schließt die Grenzen! Für sechs Milliarden Euro an die Türkei zahlt die Europäische Union einen hohen Preis, um den Flüchtlingszustrom zu bremsen. Der Kompromiss dürfte die politischen Spannungen vorläufig beheben. Doch der dicke Scheck an Ankara regelt das Problem nicht. Die Migranten werden nicht aufgeben. Sie werden noch mehr Risiken eingehen, um illegal nach Europa einzureisen. Zudem besteht keine Garantie für eine zufriedenstellende Kooperation mit dem türkischen Partner.“
„Sud Ouest“ (Bordeaux):
„Es gibt Abkommen, die man besser nicht unterschrieben hätte. Dazu gehört das zwischen den Europäern und den Türken. Denn der Entschluss, Tausende von Personen zurückzuschicken, von denen die meisten schutzbedürftig sind, ist nicht glorreich. Vor allem, wenn dadurch die Willkommensgeste vom Herbst 2015 und eine bestimmte Konzeption des Asylrechts sanktioniert wird. Angela Merkel verkörpert dieses Gesicht eines Europas, das sich schämen muss. Nachdem die deutsche Kanzlerin den Weg der Großzügigkeit eingeschlagen hat, hat sie nun das Zeichen zum Rückzug gegeben. Man kann ihr nicht vorwerfen, dass sie Initiativen ergreift, dass sie es aber hinter dem Rücken ihrer Partner macht, sagt viel über den schlechten Zustand der Europäischen Union aus.“