Vier Tote und dutzende Verletzte bei Selbstmordanschlag in Istanbul
Istanbul (APA/AFP/Reuters) - Bei einem Selbstmordanschlag im Zentrum von Istanbul sind mindestens vier Menschen getötet worden. Bei der Expl...
Istanbul (APA/AFP/Reuters) - Bei einem Selbstmordanschlag im Zentrum von Istanbul sind mindestens vier Menschen getötet worden. Bei der Explosion in einer beliebten Einkaufsstraße der türkischen Metropole wurden zudem nach Angaben der Regierung 36 Menschen verletzt, unter ihnen zwölf Ausländer. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand.
Der Attentäter sprengte sich in der Istiklal-Straße (Istiklal Caddesi) im europäischen Teil Istanbuls in die Luft, etwa 500 Meter vom Taksim-Platz entfernt. Der Gouverneur von Istanbul, Vasip Sahin, sprach von einem „Terroranschlag“, der sich gegen den Verwaltungssitz des Stadtteils Beyoglu gerichtet habe.
Nach Angaben von Gesundheitsminister Mehmet Müezzinoglu erlitten sieben Menschen bei der Explosion schwere Verletzungen. Zur Nationalität der ausländischen Verwundeten machte er keine Angaben. Ob unter den Opfern auch österreichische Urlauber waren, blieb zunächst unklar.
Unter den Todesopfer ist ein israelischer Staatsbürger, wie der stellvertretende türkische Gesundheitsminister Ahmet Baha Ötüken erklärte. Sein Ministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass sechs Israelis verletzt worden seien. Israels Außenamtssprecher Emmanuel Nahshon bestätigte, dass israelische Staatsbürger verletzt worden seien, er könne aber keine Zahl der Toten odere Verletzten nennen.
Nach einem Medienbericht wurde bei dem Selbstmordanschlag mindestens eine Person aus Deutschland verletzt. Der Sender CNN Türk berief sich auf das Gesundheitsministerium. Laut CNN Türk kamen sechs weitere Verletzte aus Israel, zwei aus Irland, sowie jeweils ein Verletzter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Island und dem Iran.
Zu der Tat bekannte sich bisher niemand. Türkische Behördenvertreter meinten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, verantwortlich für den Anschlag könnten Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sein.
Dogan veröffentlichte Aufnahmen von Überwachungskameras, die offenbar zeigen, wie der Sprengsatz neben einer Gruppe von Passanten detoniert. „Wir haben eine laute Explosion gehört und sind zum Fenster gerannt“, berichtete Anwohner Ahmet. Auf der Straße habe er Leichenteile gesehen.
Auch auf dem Taksim-Platz seien die Erschütterungen zu spüren gewesen, sagte der Schuhputzer Abdullah. „Die Erde hat gebebt und dann habe ich Polizei- und Rettungswagen vorbeifahren sehen.“ Die Istiklal-Einkaufsmeile und ein Teil des Taksim-Platzes wurden von der Polizei abgeriegelt. Ein Hubschrauber kreiste über dem Tatort.
Das Auswärtige Amt in Berlin riet deutschen Touristen in Istanbul, vorerst in ihren Hotels zu bleiben. Auch in Ankara und anderen Großstädten des Landes sei weiterhin erhöhte Vorsicht geboten. Bundesbürger in der Türkei sollten sich über die Medien und die Sicherheitshinweise auf der Website des Auswärtigen Amts über die aktuelle Lage informiert halten, erklärte das Ministerium weiter.
Das österreichische Außenministerium schrieb auf seiner Homepage: „Aufgrund der sich zuletzt häufenden Anschläge (u. a. auch in Ankara und Istanbul) wird dringend empfohlen, stark frequentierte Plätze (wie Einkaufszentren, Konzerte, kulturelle, religiöse und sportliche Großveranstaltungen, religiöse Stätten und touristische Sehenswürdigkeiten) sowie Staats- und Regierungsgebäude und militärische Einrichtungen möglichst zu meiden.“
Im Jänner waren bei einem Selbstmordanschlag in Istanbul zwölf Deutsche getötet worden. Angesichts konkreter Hinweise auf Anschlagspläne sind seit Donnerstag die deutsche Botschaft und das Konsulat sowie die deutschen Schulen in Ankara und Istanbul geschlossen.
Die Sicherheitslage in der Türkei ist derzeit äußerst angespannt. Seit einem Selbstmordanschlag während einer kurdischen Demonstration im Oktober in Ankara mit 103 Toten ist das Land in höchster Alarmbereitschaft. Die türkische Regierung machte die Jihadistenmiliz Islamischer Staat für den Anschlag verantwortlich. Trotz der verschärften Sicherheitsvorkehrungen kommt es aber immer wieder zu Anschlägen mutmaßlicher Islamisten und Kurdenrebellen.
Vor allem mit dem Herannahen des kurdischen Neujahrsfests Newroz am Montag wuchs die Sorge vor weiteren Attentaten. Bei Anschlägen in Ankara am vergangenen Sonntag und Mitte Februar wurden zuletzt insgesamt mehr als 60 Menschen getötet. Zu beiden Taten bekannte sich die extremistische Kurdenorganisation Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), die dem Umfeld der PKK zugerechnet wird.
Die TAK wollte sich nach eigenen Angaben für die Opfer der Armeeoffensive im Südosten der Türkei rächen. Das Militär geht dort seit Sommer 2015 mit aller Härte gegen Kurdenrebellen vor. Am Freitag griff die Luftwaffe erneut Stellungen der PKK im Nordirak an. Im Zuge der Ermittlungen zu dem Anschlag in Ankara am vergangenen Sonntag wurden fünf mutmaßliche Komplizen der Selbstmordattentäterin festgenommen.