Terror in Paris

Paris-Attentäter Abdeslam wollte sich vor Stadion in Luft sprengen

Symbolfoto.
© REUTERS/Eric Vidal

Salah Abdeslam soll im November ein Killerkommando zum Stade de France gefahren, seinen eigenen Sprengstoffgürtel aber weggeworfen haben. Was die Ermittler über den Terrorverdächtigen erzählen, beantwortet einige offene Fragen – und wirft neue auf. Abdeslams Anwalt kündigt indes eine Klage gegen den französischen Staatsanwalt an.

Brüssel, Paris – Nach der Vernehmung des festgenommenen Terrorverdächtigen Salah Abdeslam treten neue Details zum mutmaßlichen Ablauf der Pariser November-Anschläge zutage. Abdeslam habe sich ursprünglich vor dem Stade de France in die Luft sprengen wollen, seinen Plan für ein Selbstmord-Anschlag aber in letzter Minute verworfen, berichtete der französische Staatsanwalt Francois Molins.

Diese und andere Angaben müssten aber mit Vorsicht behandelt werden, sagte der Leiter des französischen Ermittlungsteams. Der 26-Jährige sitzt nach seiner Festnahme am Freitag in Brüssel in einem Hochsicherheitsgefängnis in Brügge. Die belgische Staatsanwaltschaft klagte den Franzosen wegen Beteiligung an terroristischen Morden an. Frankreich fordert die Auslieferung des Hauptverdächtigen der Pariser Attentate, was Abdeslam nach Angaben seines Anwalts auf alle Fälle vermeiden will. Der französische Staatschef Francois Hollande will, dass Abdeslam „so schnell wie möglich“ ausgeliefert wird.

Anwalt kündigt Klage an

Der Anwalt kündigte am Sonntag an, Klage gegen die französische Staatsanwaltschaft wegen Bruchs des Ermittlungsgeheimnisses einzureichen. Der Pariser Staatsanwalt habe mit Äußerungen während seiner Pressekonferenz am Samstag „das Ermittlungsgeheimnis verletzt“, sagte Anwalt Sven Mary belgischen Medien. Deshalb werde er am Montag Klage einreichen.

Vor der Erklärung des französischen Staatsanwalts habe niemand Einzelheiten der Ermittlungen preisgegeben, sagte Mary den Zeitungen „Le Soir“ und „De Standaard“. Nur über den Gesundheitszustand seines Mandanten und dem künftigen Ablauf des Verfahrens sei informiert worden.

Die französische Strafprozessordnung sieht für bestimmte Fälle Ausnahmen vom Ermittlungsgeheimnis vor. So heißt es im Artikel 11, der Oberstaatsanwalt könne „objektive Elemente“ aus dem Verfahren öffentlich machen - ohne die Stichhaltigkeit der gegen die Beschuldigten erhobenen Vorwürfe zu beurteilen.

Am 13. November des vergangenen Jahres griffen mehrere Männer zeitgleich verschiedene Bars, eine Konzerthalle und ein Fußballstadion, wo eine Länderspiel Deutschland gegen Frankreich stattfand, mit Schusswaffen und Handgranaten an. 130 Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt. Die Extremistengruppe IS (Daesh) bekannte sich zu den Anschlägen.

Ist Abdeslam der zehnte Mann?

Die Aussagen des 26-Jährigen legen die Vermutung nahe, dass er der zehnte Mann war, der im IS-Bekennerschreiben erwähnt wird. Ein weiterer Hinweis auf einen möglichen Selbstmordeinsatz Abdelsams ist ein weggeworfener Sprengstoffgürtel, den die Pariser Polizei kurz nach den Attentaten im Müll fand. Abdeslams älterer Bruder Brahim Abdeslam sprengte sich vor dem Stadion in die Luft.

Nach Medienberichten führt eine Spur von Abdeslam nach Deutschland. Demnach war ein ihm gemieteter Wagen am 2. Oktober von Brüssel nach Ulm gefahren. Der SWR berichtete, Ermittler gingen davon aus, dass Abdeslam auch am Steuer saß. Der Wagen stoppte nur für rund eine Stunde in Ulm in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft, in der einen Tag später beim Zählappell drei Syrer fehlten. Nach dem Bericht des Senders prüft nun das Bundeskriminalamt ob die drei Männer zu den Attentätern von Paris gehörten.

Die ARD berichtete darüber hinaus, im Oktober sei bei einer Polizeikontrolle ein gewisser Amine Choukri erfasst worden. Choukri, den die französischen Ermittler unter den Namen Monir Ahmed Alaaj kennen, wurde zusammen mit Abdeslam bei der Polizeiaktion im Brüsseler Stadtteil Molenbeek festgenommen. Auch ihm wird Mittäterschaft an terroristischen Morden und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Ein dritter, ebenfalls festgenommener Mann muss sich wegen Mitglied in einer terroristischen Vereinigung verantworten. Zusammen mit einer Frau ist er zudem angeklagt, Kriminelle versteckt zu haben.

Abdeslam will kooperieren

Abdeslam will nach Angaben seines Anwalts mit den Ermittlern zusammenarbeiten. Damit wolle er wohl seine Auslieferung nach Frankreich, auf die Präsident Francois Hollande unmittelbar nach der Festnahme schon drängte, verhindern. Rechtsexperten gaben dem Vorhaben nur wenig Erfolgschancen. Allenfalls könne die Auslieferung etwas hinausgezögert werden, sagte sie am Wochenende.

Interpol rief nach der Festnahme Abdeslams am Wochenende zu verstärkter Wachsamkeit an den Grenzen auf. Komplizen könnten nun versuchen, aus Europa zu fliehen, teilte die Polizeibehörde mit. (APA/Reuters/AFP/dpa)

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