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Mit dem alten Balu auf Du und Du

© Disney

Actiongeladenes Wiedersehen mit dem Naturkind Mogli, der Schlange Kaa oder dem fröhlichen Bären Balu: Das Animationsabenteuer „The Jungle Book“ glänzt in erster Linie mit technischer Bravour.

Von Bernadette LIetzow

Wien –Die von seinem Schöpfer, dem späteren Literatur-Nobelpreisträger Rudyard Kipling, vorgesehene Laufbahn des unter Dschungeltieren lebenden Menschenkindes Mogli als Forstbediensteter mit Frau und Sohn, mag man sich für den wilden, jungen Kerl, der sich im neuen „Jungle Book“ durch 105 Filmminuten hangelt, nicht vorstellen. Eine Zukunft als Tarzan dagegen durchaus. Fast 50 Jahre nach dem Zeichentrick-Klassiker mit Kultstatus und hohem gesanglichen Zitierpotential („Versuch’s mal mit Gemütlichkeit“) investierte der Disneykonzern nun in eine animierte Neuauflage von „Das Dschungelbuch“.

Für „The Jungle Book“, der englische Titel bleibt auch in der deutschen Fassung erhalten, wird so ziemlich alles aufgefahren, was die Technik an Möglichkeiten der 3-D-Grafik und visueller Simulation hergibt. 100.000 Fotos realer Urwald-Szenerien, von Wasserfällen, Mammutbäumen und undurchdringlichem Dickicht in allen erdenklichen Grüntönen bildeten die Basis für die „Bilderbauer“, die aus dem Material mit Hilfe des Computers einen Dschungel mit eigenen visuellen Gesetzen kreierten. Die „digitale“ Wildnis bezeichnet der Visual Effects Supervisor Adam Valdez als „größte Schöpfung dieses Films“, wobei ebenso die fotorealistische Gestaltung der einzelnen Tiere, auch abseits der Hauptfiguren, vom Wolfsrudel bis zu den gigantischen Elefanten, mittels virtuosem Einsatz technischen Könnens eine wirkungsvoll plastische Fauna generiert. Ziel von Regisseur Jon Favreau, der unter anderem für „Iron Man“ verantwortlich zeichnete, war es, „das Publikum voll und ganz vergessen zu lassen, dass es Technologie betrachtet“, die Story sollte im Vordergrund stehen und der Film ein „emotionales Erlebnis“ bieten.

Anders als im „Dschungelbuch“ von 1967, das stark von Musical-Elementen getragen war, reiht sich der neue Film ins Genre des actionreichen Familienfilms ein. Zwar wird der Hit des Klassikers, Balus Song von der „Gemütlichkeit“, recht liebevoll gecovert und findet Eingang in die zum Teil hochdramatische, die Szenen begleitende Filmmusik von John Debney, der Fokus liegt jedoch eindeutig auf der Abenteuerhandlung, der Geschichte des vom Tiger Shir Khan verfolgten Mogli.

Der junge New Yorker Neel Sethi, Kind indischer Eltern, schlüpfte, als einziger Darsteller aus Fleisch und Blut, in die Rolle des von einem Wolfsrudel aufgezogenen Findelkindes und macht neben seinen animierten Kollegen ausgezeichnete Figur. Sein Mogli ist nicht so sehr Azubi in Sachen gefährliches Dschungelleben oder gewissenhafter Schüler seiner tierischen Lehrmeister wie eben der Bär Balu, der faszinierende weise Panther Baghira oder seiner Wolfs-Ziehmutter Raksha, dieses Kind handelt eigenständig und trickreicher als sein Vorgänger. Mit handwerklichem Geschick und einigem Ideenreichtum versorgt er Balu mit Honig, rettet ein Elefantenkind und bringt mit einem waghalsigen Manöver den gefährlichen Shir Khan zur Strecke.

Sowohl die englische Originalfassung als auch die deutsche Version setzen für die Sprecher der Tierrollen auf Stars mit eindrucksvollen Stimmen. „Gandhi“ Ben Kingsley beziehungsweise „Brunetti“ Joachim Król sind Baghira, Scarlett Johannsen / Jessica Schwarz haben einen Kurzauftritt als verführerische Schlange Kaa, Bill Murray /Armin Rhode gestalten den jovialen Balu und besonders hörenswert im englischen Original ist Christopher Walken als Yeti-ähnlicher, zugleich gefährlicher wie komischer Riesenaffe King Louie.

Magie einerseits, in Gestalt des von den Tieren als Machtmittel der Menschen gefürchteten Feuers, der „roten Blume“, und Moglis schwierige, weil einsame Position als „Menschenkind“ in einer bedrohlichen und bedrohten Tierwelt bestimmen die thematischen Grundzüge eines trotz streckenweise überbordender Actionszenen berührenden Kinoabenteuers.