Panama-Papers - Pressestimmen zur Steueraffäre um Premier Cameron

London (APA/AFP/dpa) - Internationale Tageszeitungen schrieben am Montag über den Zusammenhang zwischen den Offshore-Investitionen von Premi...

London (APA/AFP/dpa) - Internationale Tageszeitungen schrieben am Montag über den Zusammenhang zwischen den Offshore-Investitionen von Premierminister David Cameron und dem bevorstehenden Referendum am 23. Juni für den EU-Verbleib Großbritanniens:

„Süddeutsche Zeitung“ (München):

„Von der Sache her besteht kein direkter Zusammenhang mit der EU-Abstimmung. Das Offshore-Geschäft ist keine Erfindung der bösen Brüsseler Bürokratie. Im Gegenteil, ohne einen gemeinsamen Markt wären Steuertricksereien zum nationalen Vorteil womöglich Volkssport in Europa. Cameron aber wird nun als Führer der In-Kampagne angegriffen, derjenigen also, die das Land in der EU halten wollen. (...) Die In-Kampagne hat, neben Cameron, weder Stimme noch Gesicht. Die Labour-Partei kann sich nicht entscheiden, ob sie eine staatspolitische Haltung einnehmen oder den schnellen Sieg über Cameron einstreichen will. Und die Niederlande haben gerade gezeigt, wie gefährlich es ist, die destruktive Wucht der Negativisten nicht entschlossen genug zu bekämpfen.“

„Hospodarske noviny“ (Prag):

„Die ‚Brexiters‘, die für den Austritt Großbritanniens aus der EU werben, können sich die Hände reiben. Völlig unerwartet ist Premier David Cameron in politische und mediale Not geraten - und damit der Hauptbefürworter eines Verbleibs in der EU. Statt als Premierminister das Land zu bereisen und den Menschen geduldig und sachlich zu erklären, dass ein Austritt keine gute Idee ist und fatale Folgen für die Wirtschaft des Inselstaates hätte, wird sich Cameron nun wochenlang vor Angst schütteln, weil ihn jederzeit ein Journalist oder Wähler im Zusammenhang mit den Panama Papers nach den Familienfinanzen fragen könnte.“

„Corriere della Sera“ (Mailand) :

„Und jetzt sind da diese 200.000 Pfund (247.739,38 Euro). Ein Geschenk von Mama im Jahr 2011, zwei Überweisungen von jeweils 100.000, nach dem triumphalen Einzug in die Downing Street. In diesen Zeiten birgt jedes Manöver das Risiko, sich in einen Bumerang zu verwandeln. (...) An Verlegenheit und Ängsten mangelt es nicht. Deshalb hat jetzt die Operation ‚Save Dave‘, lasst uns David retten, begonnen. Die engsten Mitarbeiter des Premierministers sind dabei, das Team von Boris Johnston zu sondieren, dem Bürgermeister von London, einem der Hauptvertreter des Brexit. Sie bemühen sich um einen ‚bewaffneten Frieden‘ zwischen den beiden Politikern, zumindest bis zum EU-Referendum am 23. Juni. Danach werden dann vielleicht die Karten in der Regierung neu gemischt. Es sei denn, die Panama Papers halten weitere Überraschungen bereit.“

„Tages-Anzeiger“ (Zürich):

„Was aber seine Autorität nun vollends ins Wanken bringt, ist die Panama-Affäre, in der Cameron sich in einem Netz sichtbarer und unsichtbarer Steuerfäden immer mehr verfängt. Nicht dass jemand ihm vorwerfen würde, illegal gehandelt zu haben. Doch das Zögern beim Enthüllen seiner Offshoreverbindungen, der krasse Widerspruch zwischen lautstarkem Reformanspruch und stummer Bereicherung und das ungute Image eines vom Glück begünstigten, verwöhnten Börsenmaklersöhnchens schaden ihm enorm. Das ist nicht nur für ihn selbst fatal. (...) Denn Cameron ist das Aushängeschild, das Gesicht, der Motor der Kampagne für den weiteren Verbleib Englands in der EU. Je mehr Glaubwürdigkeit er verliert, desto weniger Gewicht bezieht er aus seinem Amt. Desto weniger überzeugend ist seine Stimme. Desto schneller geht es auf den Brexit zu.“