ÖVP für Kürzungen bei Mindestsicherung, NGOs üben Kritik
Während die ÖVP sich auf ein Positionspapier einigte, das eine „Mindestsicherung light“ vorsieht, üben Caritas und Co. Kritik an den Asylverschärfungen der Bundesregierung. „Menschenrechte sind keine Schönwetterrechte. Ihre Bedeutung erhalten sie erst in Zeiten der Krise“, mahnt Caritas-Präsident Michael Landau.
Wien – Die ÖVP hat sich Sonntagabend bei ihrem Bundesvorstand auf Leitlinien zur Reform der Mindestsicherung verständigt. Das Papier enthält zahlreiche Vorschläge zu Verschärfungen wie etwa, dass mindestens die Hälfte der Mindestsicherung durch Sachleistungen abgedeckt wird. Zudem soll es für Asylberechtigte geringere Zahlungen geben.
Dies könnte über zwei Wege erreicht werden. Entweder man stellt darauf ab, dass der Bezieher sieben der letzten acht Jahre in Österreich gelebt hat oder man nimmt als Kriterium, ob die Person eine mehrjährige Erwerbstätigkeit in Österreich erbracht hat. VP-Klubchef Reinhold Lopatka würde die erste Variante bevorzugen, da sie weniger Österreicher betreffen würde. Ausgeschüttet würden bei dieser „Mindestsicherung light“ nach oberösterreichischem Vorbild nur noch 520 Euro.
Caritas, Rotes Kreuz und Diakonie übten indes am Montag fundamentale Kritik an den von der Bundesregierung geplanten Verschärfungen im Asylrecht geübt. Es drohe die Aushebelung von Grundrechten und der Ausnahmezustand ohne realen Notstand, hieß es in einer Pressekonferenz.
ÖVP will Mindestsicherung bei 1.500 Euro deckeln
Gedeckelt werden sollen die Finanzleistungen aus der Mindestsicherung mit 1.500 Euro. Über Sachleistungen könnte man aber auch laut ÖVP-Modell über diese Summe kommen, etwa weil der Wohnbedarf in teureren Regionen nur so gedeckt werden kann. Dies wären aber nur Ausnahmen, erklärte Lopatka.
Um die Mindestsicherung nicht zu verlieren, soll es die Verpflichtung zu Sprach- bzw. Integrationskursen geben. Dabei soll auch die Zahl der Kontrollen verstärkt werden. Nach niederösterreichischem Vorbild plädiert die ÖVP ferner für einen Wiedereinsteiger-Bonus für jene, die nach längerem Verweilen (mindestens sechs Monate) in der Mindestsicherung wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen.
Gefordert sieht Lopatka Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der „endlich“ Reformbereitschaft beweisen müsste. Schließlich gingen die Zahlen alleine durch die Flüchtlingskrise deutlich nach oben.
SPÖ arbeitet weiter an „Residenzpflicht“ für Flüchtlinge
Stöger selbst treibt hingegen sein Vorhaben einer „Residenzpflicht“ für Flüchtlinge voran. Nach seinen Vorstellungen, die er im Ö1-“Morgenjournal“ formulierte, soll das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen die Flüchtlinge einem bestimmten politischen Bezirk zuweisen. Als Kriterien sollen dabei unter anderem verfügbare Arbeitsplätze, die Ausbildung der Flüchtlinge, die möglicherweise in einer bestimmten Region gebraucht werden, aber auch die Zahl der bisher in den Bezirken untergebrachter Asylwerber gelten. Enden würde die „Residenzpflicht“, wenn der Flüchtling eine Arbeitsstelle antritt.
Die ÖVP bremst hier freilich. Man könne nur step-by-step vorgehen, betont Lopatka. Zunächst müsse es einmal zu den von der ÖVP geforderten Reformen bei der Mindestsicherung kommen, vor allem in Wien. Denn der Stöger-Plan sei eine klare Bevorzugung der Bundeshauptstadt, die ob ihrer für Flüchtlinge günstigen Regelungen besonders von Mindestsicherungsbeziehern betroffen sei.
Caritas: Regierung macht gewaltigen Fehler
Diese Bundesregierung droht einen gewaltigen Fehler zu machen“, sagte indes Caritas-Präsident Michael Landau, der speziell an den designierten neuen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) appellierte. Er fürchte, dass sich die Regierungsparteien absolut nicht der Tragweite ihres Tuns bewusst seien. Mit dem geplanten Einbringen einer so weit reichenden Asylrechtsnovelle mittels Abänderungsantrag im Innenausschuss – und damit ohne Begutachtung – drohe die „faktische Abschaffung des Asylrechts“.
Dass Österreich künftig Asylanträge unter Berufung auf einen – so Landau – „angeblichen Notstand“ nur noch in Ausnahmefällen annehmen will, kritisierte er ebenso, wie die geplanten Anhaltezentren an der Grenze. Dass dort Grundrechte gewährleistet wären „muss zumindest bezweifelt, ich glaube, es kann ausgeschlossen werden“. Die Begründung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit sei nicht nachvollziehbar.
„Gefordert ist jetzt Sachlichkeit, nicht Untergangsgerede“, so Landau Richtung ÖVP und SPÖ. Er warnte vor einem gefährlichen Präzedenzfall. „Menschenrechte sind keine Schönwetterrechte. Ihre Bedeutung erhalten sie erst in Zeiten der Krise.“ Ganz ähnlich sah das Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes. Man könne Schutzbestimmungen, die für Zeiten der Krise geschaffen seien, nicht genau dann aushebeln, wenn diese Krisen auftreten, meinte er. (tt.com/APA)