SPÖ-Plan gegen Steuerbetrug, Schäuble-Plan zerpflückt
Staatssekretärin Sonja Stessl legte Montag Finanzminister Schelling ein Zehn-Punkteprogramm gegen Briefkastenfirmen vor. Derweilen wird der Schäuble-Plan vom Bund Deutscher Kriminalbeamter als Witz bezeichnet.
Am Sonntag hat der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ein Zehn-Punkte-Programm für den Kampf gegen anonyme Briefkastenfirmen vorgelegt, heute tut es ihm Staatssekretärin Sonja Stessl im Namen der SPÖ in Österreich gleich. Sie präsentiert Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) ebenfalls zehn Verbesserungsvorschläge für die heimische Finanz.
Aus Sicht Stessls liegt der Unterschied darin, dass Schäuble sehr stark auf die internationale Dimension eingeht, sie selber dränge hingegen auf rasche Gesetzesmaßnahmen in Österreich. "Ich bin dafür, dass Österreich im Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche jetzt eine Vorreiterrolle in Europa einnimmt. Daher wäre es sinnvoll, sofort auf nationaler Ebene Maßnahmen umzusetzen", so Stessl zur APA. Sie sei sich sicher, mit Schelling zu einer guten Lösung zu kommen.
Stessel möchte Blacklist
Die SPÖ möchte laut den von Stessl vorgelegten Ideen eine nationale Liste ("Blacklist") von Steueroasen erstellen. Als nicht-kooperative Staaten sollen jene gelten, die keine oder kaum Steuern einheben, nicht am automatischen Informationsaustausch teilnehmen und die wirtschaftlichen Eigentümer von Firmen nicht bekanntgeben. 13 EU-Länder melden derzeit der EU solche nationale Listen, 15 EU-Länder, darunter Österreich, nicht. Ziel bleibt aber eine europäische Liste.
Alle Kapitalflüsse zwischen Österreich und diesen Steueroasen die über 50.000 Euro liegen, müssten dann dem Finanzministerium gemeldet werden. Das Ministerium wiederum soll mehr Druck für Doppelbesteuerungsabkommen machen - Panama etwa schließe seit Jahren ein nahezu fertig verhandeltes Abkommen mit Österreich, wie mit Deutschland, nicht ab.
Aufbau eines österreichischen Registers und Verjährung erweitern
In Österreich will Stessl ein Register schaffen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten aller juristischen Personen gemeldet werden müssten. Dann könnte das österreichische Register mit ähnlichen Verzeichnissen im Ausland zu einem globalen Netzwerk nationaler Transparenzregister verbunden werden. Die Verjährung soll von 18 Monaten auf 5 Jahre erweitert werden. Weiters wünscht sich die SPÖ höhere Strafen für Banken, aber auch Anwälte und Steuerberater, wenn die Sorgfaltspflichten für Geldwäsche verletzt werden. Zeigt sich jemand nach dem Bekanntwerden von Steuerdaten ("Leaks") selber an, soll es Strafzuschläge auf die strafbefreiende Selbstanzeige geben.
Alle Geldwäschemeldungen sollen von der Finanz geprüft werden, Abgabenhinterziehung und Abgabenbetrug sollen in den Vortatenkatalog zur Geldwäsche aufgenommen werden. Auch soll es eine österreichische interministerielle Task-Force Geldwäsche geben.
Experten zerpflücken Schäuble-Plan
Wolfgang Schäuble hat gestern Sonntag - abgesehen vom verstärkten Kampf gegen Steuerhinterziehung innerhalb Deutschlands - ein weltweites Firmenregister vorgeschlagen und die Vereinheitlichung der nationalen Schwarzen Listen von Steueroasen. Er wünscht sich in Deutschland und Europa schärfere Strafen bei Fehlverhalten von Banken und Unternehmen. Die Verjährung solle verhindert werden. Sollte Panama nicht rasch kooperieren, solle das Land geächtet werden. Briefkastenfirmen ganz zu verbieten klinge zwar gut, funktioniere aber nicht, sagte Schäuble.
Dieser Plan wird von Experten in Deutschland aber nun als untauglich bezeichntet. "Das ist eine Nebelkerze", sagte der Vize-Chef der Polizeit-Gewerkschaft, Sebastian Fiedler, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Wichtige von Experten diskutierte Vorschläge wie öffentliche Firmenregister fehlten. Außerdem fehle ein Unternehmensstrafrecht, um nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch Firmen sanktionieren zu können.
„Das ist ein Witz"
Schäuble spricht sich in seinem Plan zwar für international vernetzte Firmenregister aus, in denen die wahren Eigentümer von Unternehmen genannt werden. Fiedler bemängelte allerdings, dass er diese Daten nur für Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten einsehbar machen will, wenn diese wiederum ihre Rechercheergebnisse mit den Behörden teilen. "Das ist ein Witz, wenn das die Bedingung sein soll", sagte Fiedler. Keine Zeitung würde sich darauf einlassen. Weil Polizei oder Amtsgerichte die Fülle der Angaben in solchen Registern gar nicht kontrollieren könnten, wären diese ohne die Öffentlichkeit wirkungslos: "Damit steht und fällt die Qualität der enthaltenen Daten."
Fiedler bemängelte außerdem, dass in Schäubles Plan der Vorschlag fehle, dass außereuropäische Unternehmen in der EU nur noch Geschäfte machen dürfen sollen, wenn sie offenlegen, welche wirtschaftlich Berechtigten hinter ihnen stehen. "Das wäre das wirksamste Instrument gegen Geldwäsche", sagte Fiedler.
Bewertung alles in allem „blumig"
In seinem Plan schlägt Schäuble unter Punkt acht außerdem "schärfere Verwaltungsvorschriften für Unternehmen" vor. Fiedler sagte, dies sei aber nicht gleichbedeutend mit einem seit langem geforderten Unternehmensstrafrecht, mit dem zum Beispiel eine Bank selbst - und nicht nur ihre Angestellten - strafrechtlich verfolgt werden könnten. Schäubles Vorschlag ziele nur darauf ab, Aufsichtsbehörden wie die Bankenaufsicht BaFin zu stärken: "Ein Unternehmensstrafrecht ist etwas ganz anderes: Da drohen dem Unternehmen selbst bei Fehlverhalten saftige Strafen - und außerdem gehört die öffentliche Hauptverhandlung zum Prozess."
Schäuble spricht sich außerdem dafür aus, die verschiedenen nationalen und internationalen "schwarzen Listen" mit Steueroasen zu vereinheitlichen. Fiedler sagte, die Idee sei zwar nicht falsch: "Auf den Listen steht aber teilweise gar keiner drauf." Als Fazit seiner Bewertung des Zehn-Punkte-Plans zog Fiedler, statt auf die seit langem von Experten diskutierten Vorschläge einzugehen, werde von Schäuble "blumig" umschrieben, was er tun wolle: "Klar wird aber auch, was er nicht tun will." (APA, Reuters)