„Floating Piers“: Christo lässt Menschen über See in Italien wandeln

Rom (APA) - Elf Jahre nach seinem letzten Großprojekt „The Gates“ in New York sorgt der Verhüllungskünstler Christo im Alter von 81 Jahren w...

Rom (APA) - Elf Jahre nach seinem letzten Großprojekt „The Gates“ in New York sorgt der Verhüllungskünstler Christo im Alter von 81 Jahren wieder für Aufsehen: Vom 18. Juni bis 3. Juli wird der gebürtige Bulgare eine drei Kilometer lange, safrangelbe Stoffbahn als begehbaren Spazierweg über den Iseosee in der Lombardei spannen.

Im Iseosee liegen mehrere Inseln, darunter Monte Isola, die größte Insel in einem europäischen Binnengewässer. Christo wird mit seinen auf dem Wasser schwimmenden Brücken Monte Isola mit der Stadt Sulzano auf dem Festland und der kleinen Insel San Paolo verbinden. So entsteht ein Spazierweg „auf dem Wasser“ und die Besucher werden in quasi biblischer Manier über den See wandeln können. Zwei Wochen lang wird das Kunstwerk bestehen und begehbar sein, bevor man es abbaut und recycelt.

200.000 Würfel aus Polyethylen mit hoher Dichte, die mit 70.000 Quadratmeter glänzendem, orangefarbenen Stoff bezogen und auf dem Seegrund verankert sind, werden eine 16 Meter breite Brücke vom Festland in Sulzano bis zur Insel bilden. Das Polyamidgewebe ist wetterfest, farb- und lichtecht. Christos Tipp ist, die Brücke barfuß zu überqueren, denn dies soll ganz besondere Emotionen schenken. „Man kann so die Bewegung des Wassers unter den Füßen spüren“, sagt Christo.

Die Installation ist beeindruckend - wie alle Werke des in New York lebenden Künstlers. Zum Kunstevent werden tausende Besucher erwartet. Die Ausstellungszeit fällt auf jene Jahreszeit mit den meisten Sonnenstunden. Für die Sicherheit der Besucher garantieren dreißig Schlauchboote und Rettungsschwimmer.

Das 15 Millionen Euro teure Projekt finanziert Christo wieder durch den Verkauf von Vorstudien. Es gibt weder Sponsoren noch öffentliche Mittel. „Ich möchte über mein Projekt frei entscheiden können“, sagt der Künstler. Die „Floating Piers“ gehen als Idee schon auf die frühen Siebzigerjahre zurück. Damals wollten Christo und seine Frau Jeanne-Claude das Projekt am Rio de la Plata bei Buenos Aires verwirklichen. Doch das Künstlerpaar erhielt nie die Genehmigung dafür. Später versuchten es die beiden Künstler in der Bucht von Tokio, doch dort fehlte die perfekte technische Lösung.

Christo und das Wasser: Die Beziehung zwischen dem Künstler und diesem Element ist seit jeher besonders eng. Seiner Liebe für das Wasser ist eine Ausstellung gewidmet, die die Stadt Brescia vor der Einweihung der „Floating Piers“ über den Iseosee organisiert hat. Bis 18. September ist im Stadtmuseum Santa Giulia die Ausstellung „Christo and Jeanne-Claude. Water Projects“ zu sehen. Die Schau vereint alle Projekte des Künstlerpaares, die sich mit dem Element Wasser beschäftigen. Über 150 Exponate - darunter Studien, Zeichnungen und Collagen, Modelle, Fotos und Videos - sind ausgestellt. Videos und Filme sind Christos sieben „Water Projects“ gewidmet, die 1968/69 in Sidney verwirklicht wurden. Hinzu werden die Arbeiten dokumentiert, die am Iseosee laufen.

Das Projekt am See ist das erste, das Christo ohne seine 2009 verstorbene Partnerin Jeanne-Claude abschließt. Die beiden waren eines der aufregendsten Künstlerpaare des 20. Jahrhunderts. Christo und Jeanne-Claude wurden beide am selben Tag - dem 13. Juni 1935 - geboren, er in Bulgarien, sie in Marokko. Seit dem Tod der Gattin führt Christo das gemeinsame Werk weiter. „Sie hat mir bei diesem Projekt sehr gefehlt, am meisten habe ich ihren kritischen Geist vermisst. Jeanne-Claude hat immer jede Entscheidung infrage gestellt. Das hat mich herausgefordert“, berichtet Christo.

Jeanne-Claude und Christo sind vor allem für ihre spektakuläre Verhüllung des Reichstagsgebäudes 1995 bekannt. Christos zuletzt vollendetes Großprojekt war „The Gates“ von 2005 in New York: 7.500 goldgelbe, fünf Meter hohe Stofftore im Central Park.

(S E R V I C E - www.thefloatingpiers.com)