Jazz ist seine große Liebe: Bill Ramsey groovt zum 85. Geburtstag

Hamburg (APA/dpa) - Kraftlos und gebrechlich wirkt er, wenn er sich auf seinen Gehstock gestützt den Weg zu dem Hocker am Rande der Bühne ba...

Hamburg (APA/dpa) - Kraftlos und gebrechlich wirkt er, wenn er sich auf seinen Gehstock gestützt den Weg zu dem Hocker am Rande der Bühne bahnt - wenn er jedoch anfängt zu singen, ertönt eine unverkennbare, bluesige Stimme, die im Laufe der Jahrzehnte kaum an Soul und Energie eingebüßt zu haben scheint. Jazz- und Schlagerlegende Bill Ramsey zieht es auch heute noch auf die Bühne.

Wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag (17.4.) hat sich der Deutsch-Amerikaner mit dem charmanten Staaten-Akzent und der schwarzen Jazzstimme in seiner Wahlheimat Hamburg vor rund 600 Fans und Freunden auf dieses Ereignis eingestimmt: mit ordentlich Jazz, Blues und prominenter Unterstützung.

Mit einer für Hamburger fast untypischen Euphorie begrüßen die Fans den 84-Jährigen am Montagabend, als er mit starker, ungebrochener Stimmgewalt einen unverkennbaren Blues in den Saal des alten St. Pauli Theaters trägt. Ramsey präsentiert die Musik, die ihm spürbar am Herzen liegt. Blues, Swing, Gospel: Lieder, die das Herz berühren, die begeistern und gedanklich fordern. Dabei singt er nicht nur die Songs seiner eigenen musikalischen Idole wie Sinatra, sondern auch seine Schlagerhits „Zuckerpuppe“ oder „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, die ihm nach dem Zweiten Weltkrieg zu Bekanntheit verhalfen.

Mit solchen Ohrwürmern gelang Bill Ramsey vor Jahrzehnten der Durchbruch. Seine große Liebe war jedoch stets der Jazz. Schon als Schüler hatte sich der im US-Staat Ohio geborene Ramsey sein Taschengeld als Jazzsänger verdient, auch als Soziologie- und Wirtschaftsstudent an der Yale-Universität in New Haven blieb er ihm treu, übernahm aber bereits kleinere Funk- und Filmaufträge. Mitte der Sechziger verabschiedet sich Ramsey von der Sparte „lustiger Schlager“ und kehrte endgültig zum Jazz zurück. Wer ihn auf der Bühne beobachtet, versteht sofort, aus welchem Grund.

Genussvoll schließt er die Augen, wippt mit seinem Knie im Takt und fühlt den Groove des Quartetts, das an diesem Abend wahrlich den Geist der Musik aus den Erinnerungen an verrauchte Jazzkeller in New Orleans oder Chicago auf der Bühne beschwört. Alles wirkt kraftvoll und energiegeladen.

„Ich habe ein Textbuch vor mir. In meinem Alter, da kann man den Text schon mal vergessen“, witzelt er. Doch ebenso wie in seiner Musik, kann auch Ramsey selbst schnell zwischen humorvollem Geplänkel und ernsteren Themen changieren. So gedenkt er auch seines kürzlich verstorbenen Jazz-Kollegen Roger Cicero, den er als „Spitzenmusiker und angenehmen Menschen“ beschreibt. Für ihn singt er Sinatras „I‘ve Got You Under My Skin“, eine Geste, die das Publikum sichtlich rührt. Als Ramsey sich dann für den Abschluss noch Musiker Stefan Gwildis (57) mit auf die Bühne holt, ist die Geburtstagsüberraschung vollkommen. Nordischer Hafensoul trifft amerikanischen Blues, ein Traum für die Fans.

(S E R V I C E - www.ramsey.de)