Gewalt gegen Mädchen: Das Schweigen überwinden
Schläge, Missbrauch und Psychoterror: Gewalt gegen Mädchen hat viele Gesichter. Ein Info-Folder soll Opfer zum Reden bringen.
Von Miriam Hotter
St. Johann i. T. –Sechs Burschen zerren ein 15-jähriges Mädchen über den Schulhof. Sie schleifen es in den Essensraum einer Neuen Mittelschule und vergewaltigen es. Obwohl mehrere Schüler die Hilfeschreie des Mädchens hören, greifen sie nicht ein.
Das, was im Mai 2015 in Graz passiert ist, hat ganz Österreich erschüttert. Dabei passiert Gewalt gegen Mädchen jeden Tag, wie Susanne Gröbner vom Mädchen- und Frauenberatungszentrum in St. Johann erklärt. Doch viele Opfer trauen sich nicht, jemandem von ihrem Leid zu erzählen. Mit dem Info-Folder „Troubles? Wir sind für euch da!“ will der Verein das Schweigen brechen. Das Informationsblatt mit Adresse und Themengebieten liegt in vielen Schulen im Bezirk auf, im Krankenhaus St. Johann sowie bei einigen Ärzten.
Hilfe für Mädchen
Eine Beraterin des Mädchen- und Frauenberatungszentrums St. Johann kommt einmal im Monat ins örtliche Jugendzentrum (JUZ) und spricht mit den Mädchen über Themen, die ihnen am Herzen liegen.
Ein Workshop zum Thema Selbstwert findet am 23. April im JUZ statt. Anmeldung erforderlich.
„Mädchen müssen wissen, dass es jemanden gibt, an den sie sich wenden können“, sagt Gröbner. Dabei spielt nicht nur körperliche Gewalt eine Rolle. „Wir wissen, dass Mobbing derzeit ein großes Thema bei den Mädchen ist.“
Im Gewaltschutzzentrum Tirol wurden im vergangenen Jahr 655 minderjährige Kinder (Mädchen und Buben) gezählt, die entweder direkt oder indirekt Opfer von Gewalt geworden sind. Vor allem Mädchen sind davon betroffen. Das zeigt auch eine Analyse des Tiroler Kinderschutzzentrums: Von den 159 Kindern und Jugendlichen, die 2013 in die Einrichtung kamen, waren 70 Prozent Mädchen.
Das Mädchen- und Frauenberatungszentrum in St. Johann unterstützte 2015 rund 900 Personen, die meisten davon sind Erwachsene. „Wir holen deshalb die Mädchen ab, wo sie sind. Wir arbeiten mit Schulen und Jugendzentren zusammen und bieten beratende Gespräche an“, erklärt Gröbner. Dabei werden Themen wie Essstörungen, Sexualität oder Schulden angesprochen. Gröbner geht es vor allem darum, dass Mädchen sich nicht alleingelassen fühlen und gleich mit Vertrauenspersonen sprechen. In Graz hat es Monate gedauert, bis die Vergewaltigung ans Licht kam.