Zeitung: Sicherheitsbehörden ignorierten Hinweise auf Ankara-Anschlag

Istanbul (APA/AFP) - Die türkischen Sicherheitsbehörden sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, Hinweise auf den schweren islamistischen Anschlag...

Istanbul (APA/AFP) - Die türkischen Sicherheitsbehörden sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, Hinweise auf den schweren islamistischen Anschlag von Ankara im Oktober ignoriert zu haben. Pläne der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) für den Anschlag auf eine Kundgebung von linken und kurdischen Gruppen am 10. Oktober seien den Behörden bekannt gewesen, meldete die Zeitung „Cumhuriyet“ am Mittwoch.

Bei dem Anschlag waren mehr als hundert Menschen getötet worden. Am Tag des Anschlags selbst sei den Behörden sogar der Name eines der beiden Selbstmordattentäter bekannt gewesen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen internen Untersuchungsbericht. Wichtige Hinweise seien nicht weitergegeben worden.

Laut „Cumhuriyet“ befürworteten interne Inspektoren die Einleitung von Ermittlungen gegen mehrere Polizisten und Geheimdienstbeamte. Dies sei aber vom Gouverneur von Ankara abgelehnt worden. Nun wolle ein Anwalt den Fall vor das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei bringen.

Der Anschlag auf dem Bahnhofsvorplatz von Ankara war einer der schlimmsten Terrorakte in der Geschichte der Türkei. Bereits unmittelbar nach der Bluttat, die von Mitgliedern einer türkischen IS-Zelle ausgeführt wurde, erhoben Kritiker schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Die für den Anschlag verantwortlich IS-Gruppe war demnach den Behörden bekannt, wurde aber nicht gestoppt.

Kurden-Politiker werfen der Regierung vor, den IS mit Samthandschuhen anzufassen oder sogar aktiv zu unterstützen. Ankara weist das zurück. Mutmaßliche IS-Anhänger haben heuer bei zwei Anschlägen in Istanbul zwölf deutsche Touristen sowie drei Israelis und einen Iraner getötet.

„Cumhuriyet“ steht seit Monaten selbst im Mittelpunkt von Vorwürfen der Regierung. Der Chefredakteur und der Chef des Hauptstadtbüros in Ankara, Can Dündar und Erdem Gül, müssen sich wegen eines Berichts über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an syrische Rebellen vor Gericht verantworten. In dem Prozess, zu dem Präsident Recep Tayyip Erdogan persönlich mit einer Strafanzeige beitrug, drohen den beiden Journalisten lebenslange Haftstrafen.