Britischer EU-Austritt von Märkten noch nicht vorweggenommen
Wien/München (APA) - Die Märkte haben in ihren Entscheidungen noch kaum einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens („Brexit“) vorweggenomme...
Wien/München (APA) - Die Märkte haben in ihren Entscheidungen noch kaum einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens („Brexit“) vorweggenommen, sagen die Allianz-Ökonomen Christian Ramberger und Martin Bruckner. Am 23. Juni stimmen die Briten darüber ab, der Ausgang ist derzeit völlig offen. Ein Votum für den Verbleib in der EU werde daher nur geringe Auswirkungen haben, ein Ja für den Austritt viel größere.
Wie sich ein möglicher EU-Austritt auswirkt, wird insbesondere davon abhängen, ob die EU den Briten weit entgegenkommt und ihnen Mitgliedschafts-nahe Rechte einräumt oder nicht. „Wir glauben, dass es schon im Interesse der EU ist, eine eher härtere Handlungsführung zu haben - wenn man aus einem Klub ausscheidet, verliert man auch Benefits“, sagte Bruckner am Mittwoch in Wien vor Journalisten.
Der Finanzsektor werde zwar „ein wesentlicher Punkt“ sein, wenn es um die Folgewirkungen geht, dürfe aber nicht isoliert betrachtet werden. Wie die City of London betroffen wäre, „lässt sich kaum sagen“ - das werde davon abhängen, ob dort ansässige Finanzinstitute ihre Tätigkeit weiter in der ganzen EU entfalten können. Ramberger und Bruckner sehen auch keine Möglichkeit, einzelne besonders betroffene Branchen zu definieren. Grundsätzlich gelte aber: für Großbritannien ist die Entscheidung viel wichtiger als für die EU - auch wenn auch dort negative Auswirkungen zu erwarten seien.
Bis sich die Auswirkungen entfalten wird auch noch Zeit vergehen. denn das - rechtlich nicht bindende - Abstimmungsergebnis werde jedenfalls umgesetzt, aber im Vertrag von Lissabon ist eine zweijährige Verhandlung vor dem Austritt eines Mitgliedslandes vorgesehen. „Wenn man bedenkt, wie lange Beitrittsverhandlungen dauern, ist das nicht lange“, so Ramberger.
Das größte Problem werde wohl die allgemeine Unsicherheit und Verunsicherung sein, erwarten die Allianz-Ökonomen. Cameron werde wohl zurücktreten, die Abspaltungsbemühungen Schottlands dürften Fahrt aufnehmen. In den anderen Mitgliedsländern würden Anti-EU-Parteien Auftrieb erhalten. Die EU-Institutionen wären mit Verhandlungen zugedeckt. Die EU würde die britischen Beitragszahlungen verlieren und müsste das Budget neu verhandeln. Geplante weitere Integrationsschritte würden schwieriger.
Die britische Notenbank müsste wohl die Zinsen erhöhen, in der Eurozone müsste die EZB die expansive Geldpolitik intensivieren und verlängern. Länder an der Peripherie müssten mit höheren Zinsen rechnen. Die Britische Wirtschaft würde wohl weniger wachsen, weil Investitionen ausbleiben. Dieser Effekt ist bereits jetzt kurzfristig zu spüren, weil Firmen ihre Investitionen aufschieben. Sollten globale Investoren dann Europa meiden, wäre dieser Effekt in der ganzen Eurozone spürbar, sagen die Allianz-Ökonomen.
~ ISIN DE0008404005 WEB https://www.allianz.com/de/ ~ APA291 2016-04-13/12:46