Erneut Proteste gegen umstrittene Politiker-“Amnestie“ in Mazedonien

Skopje (APA/AFP/dpa) - In der mazedonischen Hauptstadt Skopje haben tausende Menschen erneut gegen eine von Präsident Gjorge Ivanov verkünde...

Skopje (APA/AFP/dpa) - In der mazedonischen Hauptstadt Skopje haben tausende Menschen erneut gegen eine von Präsident Gjorge Ivanov verkündete „Amnestie“ für in einen Abhörskandal verwickelte Politiker protestiert. Demonstranten brachen am Mittwochabend in Büros des Präsidialamts ein, zerbrachen Fensterscheiben und zerstörten das Mobiliar, bevor sie es in Brand setzten, wie Reporter berichteten.

Demonstranten bewarfen das Gebäude zudem mit Steinen und Eiern. Es kam zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Regierungskritikern. Zwölf Menschen wurden nach Polizeiangaben festgenommen, ein Journalist verletzt. Vor dem nahegelegenen Parlament versuchten Anhänger der führenden Oppositionspartei SDSM, einen Polizeikordon zu durchbrechen, der sie von Unterstützern der regierenden VMRO-DPMNE fernhalten sollte, wie ein Journalist beobachtete.

Die Opposition warf dem Präsidenten vor, mit seiner Entscheidung vom Dienstag die politische Krise im Lande noch verschärft zu haben. Auch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn kritisierte die Amnestie als nicht mit seiner Rechtsauffassung konform.

Zu Beginn der Proteste hatten nur mehrere hundert Menschen Rücktrittsforderungen skandiert. Nach und nach schwoll die Zahl der Demonstranten Medienberichten zufolge auf mehrere tausend an.

Der kleine Balkanstaat mit 2,1 Millionen Bürgern steckt seit der Wahl im Jahr 2014 in einer politischen Krise. Damals gewann die VMRO-DPMNE. Die sozialdemokratische SDSM klagte aber über Wahlfälschung und boykottierte das Parlament.

Im vergangenen Jahr weitete sich die Krise noch aus, als die SDSM dem damaligen Regierungschef Nikola Gruevski vorwarf, 20.000 Menschen seien abgehört worden, darunter Politiker und Journalisten. Die Mitschnitte sollten groß angelegte Korruption, Misswirtschaft, die Drangsalierung der Justiz, Knebelung der Medien und Kriminalisierung politischer Gegner beweisen. Gruevski hatte die Aufnahmen als Machwerke eines nicht näher bezeichneten ausländischen Geheimdienstes bezeichnet. Sie seien angefertigt worden, um ihn zum Rücktritt zu zwingen.

Anfang dieses Jahres trat Gruevski zurück, der Verbündete des Präsidenten gilt aber noch immer als der starke Mann des Landes. Experten zufolge dürfte er maßgeblich von der Amnestie profitieren.

Nach einer Vermittlung durch die EU hatte man sich auf Neuwahlen am 24. Juni geeinigt, den Termin dann aber auf den 5. Juni verschoben. Allerdings will die Opposition die Wahl boykottieren, weil die Voraussetzungen aus ihrer Sicht nicht erfüllt sind.