Millimeterarbeit in den Ruinen von Palmyra
Palmyra (AFP) - Langsam schreiten die Minenentschärfer mit ihren Detektoren durch die Ruinen von Palmyra, eingepackt in dicke Schutzanzüge g...
Palmyra (AFP) - Langsam schreiten die Minenentschärfer mit ihren Detektoren durch die Ruinen von Palmyra, eingepackt in dicke Schutzanzüge grasen sie das Gelände der zerstörten syrischen Oasenstadt ab. In einem Kilometer Entfernung zerreißt eine gezielte Explosion die Stille, Rauch und Staub steigen auf.
Nach der Rückeroberung Palmyras aus den Händen des IS vor mittlerweile über zwei Wochen steht dort nun die schwierige Aufgabe bevor, das Gebiet wieder sicher zu machen.
Unterstützt durch russische Luftangriffe war es den syrischen Regierungstruppen Ende März gelungen, den Jihadisten des „Islamischen Staats“ Palmyra zu entreißen. Zehn Monate lang hatte die Miliz die antike Stadt beherrscht. Der IS zerstörte dort aber nicht nur wertvolle Kulturgüter und schockte mit öffentlichen Hinrichtungen, sondern die Kämpfer deponierten auch überall auf dem Gelände tausende Granaten und selbstgebaute Sprengsätze, bevor sie sich zurückzogen.
Diese gilt es nun zu finden und zu entschärfen. Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich ordnete dafür die Mission der Soldaten an. „Minenentschärfung ist harte Arbeit, wo auch immer sie gemacht wird“, sagt der Anführer der Entschärfungstruppe, Alexej Makarenko, bei einer vom russischen Verteidigungsministerium organisierten Begehungstour für Journalisten. „Meine größte Sorge ist, dass meinen Männern nichts passiert.“
An einem Ort wie Palmyra empfinde man eine „besondere Verantwortung“, sagt Makarenko. Gefragt ist nun vor allem Geduld. Das russische Team umfasst hundert Entschärfer und unterstützendes Personal, in zwei Tagen haben sie rund 20 Hektar der 234 Hektar großen Anlage durchkämmt. Bisher fanden sie vor allem Granaten, weniger selbstgebaute Sprengsätze.
Makarenko schätzt, dass die Arbeit mindestens einen Monat dauern wird. Sorge bereitet ihm derzeit vor allem das Wetter, denn es wird immer heißer in der syrischen Wüstenstadt. „Zwei Männer sind mir schon wegen der Hitze umgekippt“, sagt er.
In der angrenzenden Neustadt von Palmyra, wo einst 70.000 Menschen lebten, scheinen die IS-Kämpfer noch ein wenig aktiver bei der Deponierung von Sprengsätzen gewesen zu sein als zwischen den weltberühmten Ruinen. Eine der Hauptstraßen ist inzwischen übersät mit Kratern, dort haben die Entschärfer Bomben gezielt gesprengt oder unter dem frisch gelegten Asphalt herausgezogen.
Einer der Einsatzteilnehmer, Major Kriwonogow, zeigt Sprengsätze, die sie in den Häusern von Zivilisten gefunden haben: eine Bombe, die durch einen Lichtschalter ausgelöst werden kann, eine Reißleine, die eine Handgranate hochgehen lässt. „Das waren Leute mit militärischen Kenntnissen, die genau wussten, was sie tun“, sagt Militärsprecher Igor Konaschenkow. „Die müssen hier eine Fabrik für Sprengsätze gehabt haben.“
Für seine Leute gebe es noch „eine Menge Arbeit“, fügt Konaschenkow hinzu. Die IS-Kämpfer hätten eine „Feuerhölle“ als Begrüßung für die syrische Armee schaffen wollen. Am Wochenende waren die ersten vertriebenen Bewohner Palmyras kurzzeitig in ihre Stadt zurückgekehrt, aus Sicherheitsgründen konnten sie aber noch nicht bleiben. Es dürfte noch Wochen dauern, bis die nötige Infrastruktur wieder hergestellt und das Gelände einigermaßen sicher ist.
Der im syrischen Kulturministerium für die Museen verantwortliche Vertreter Ahmad Deeb erwartet nun ungeduldig das Ende der Entschärfungsarbeiten - nicht zuletzt, um die Schäden an den Anlagen umfassend prüfen zu können. Irgendwann sollen auch wieder Touristen die Weltkulturerbestätte besuchen können. „Ich wünschte, sie würden schon morgen kommen“, sagt Deeb. „Aber das wird noch lange dauern.“