Ukraine

Groisman neuer ukrainischer Regierungschef

Volodymyr Groisman im Parlament.
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Nach dem Rücktritt von Arseni Jazenjuk hat die ukraine einen neuen Ministerpräsidenten. Das Parlament bestätigte Wlodimir Groisman am Donnerstag.

Kiew – Das ukrainische Parlament hat am Donnerstag Wolodimir (Wladimir) Groisman zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Abgeordneten machten damit den Weg zur Bildung einer neuen Regierung frei. „Ich werde Ihnen zeigen, was es bedeutet, ein Land zu führen“, sagte Groisman vor der Abstimmung.

Er werde gegen die drei größten Gefahren für das Land kämpfen: die Korruption, die Ineffizienz und den Populismus. Sie seien nicht weniger gefährlich, als der Feind in der Ostukraine, sagte er mit Blick auf die pro-russischen Separatisten.

Für den 38-jährigen Groisman, einen Vertrauten von Präsident Petro Poroschenko, stimmten 257 Abgeordnete. Er benötigte mindestens 226 Stimmen. 50 Abgeordnete stimmten gegen den 38-Jährigen. Bisher war Groisman Parlamentspräsident. Mit der Abstimmung endete auch formell die Amtszeit seines Vorgängers Arseni Jazenjuk. Im Vorfeld war diese „Abstimmung im Paket“ bereits als verfassungswidrig kritisiert worden.

Jazenjuk hatte am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. Als Grund nannte er das Stocken des Reformprozesses, den er nach dem Bruch seiner prowestlichen Koalition nicht mehr in Gang bringen könne.

„Die Menschen möchten eine Perspektive haben“, sagte Groisman. Er versprach, dringend nötige Reformen anzupacken. „Wir müssen das Vertrauen der Menschen zurückerlangen“, betonte er. Regierungsarbeit müsse transparent sein. Groisman ist mit seinen 38 Jahren der jüngste Regierungschef in der Geschichte der Ukraine. Er gilt als geschickter Brückenbauer und strebt eine enge Bindung der Ukraine an die EU an.

Soweit bekannt, will Groisman zahlreiche Minister austauschen. Aus Jazenjuks Regierung bleiben Stepan Poltorak (Verteidigung) und Pawel Klimkin (Außenpolitik) voraussichtlich im Amt. Diese Posten werden vom Präsidenten selbst vorgeschlagen.

Neuer Finanzminister soll Oleksandr Daniljuk werden. Er löst die in den USA geborene Natalja Jaresko ab. Die frühere Investmentbankerin und US-Diplomatin hatte für das Ministeramt kurzfristig die ukrainische Staatsbürgerschaft bekommen.

Als Wirtschaftsminister und Erster Vize-Ministerpräsident ist Stepan Kubiw vorgesehen. Er ist bisher Vertreter des Präsidenten im Parlament. Der frühere Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius war im Februar aus Protest gegen die anhaltende Korruption zurückgetreten.

Parlamentspräsident wird der frühere Maidan-Kommandant Andrej Parubij zum neuen Vorsitzenden gewählt. Parubij (45) agierte früher am rechten Rand der ukrainischen Politik. Während der Massenproteste auf dem Kiewer Maidan-Platz 2013/14 befehligte er bewaffnete Demonstranten. Im Parlament in Kiew vertritt er die Koalitionspartei Volksfront.

Jazenjuk dankte in einer kurzen Rede für das Vertrauen in „nicht leichter Zeit“. Poroschenko äußerte Jazenjuk Respekt für seinen Einsatz. Der scheidende Regierungschef habe einen erheblichen Beitrag für eine friedliche Lösung des Konflikts im Osten des Landes geleistet, sagte der Staatschef im Parlament. „Ich reiche allen Oppositionskräften die Hand“, sagte er in seiner Rede. Der Präsident betonte aber, dass „niemand gegen das Land stehen“ dürfe. Die ukrainische Armee kämpft im Unruhegebiet Donbass gegen prorussische Separatisten.

Der Regierung von Jazenjuk wurde vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen die Korruption und die Oligarchen im Land vorgegangen zu sein. Die Ukraine, die im Osten in einen Konflikt mit pro-russischen Separatisten verwickelt ist, steht wirtschaftlich vor der Pleite. Sie ist auf Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen, der aber politische Stabilität und Reformen verlangt. (APA/Reuters/dpa/AFP)