Kroatien- Unstimmigkeiten über Gedenkfeier für Opfer des KZ Jasenovac
Zagreb (APA) - In Kroatien finden heuer wegen Unstimmigkeiten gleich drei Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers...
Zagreb (APA) - In Kroatien finden heuer wegen Unstimmigkeiten gleich drei Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers Jasenovac während des Zweiten Weltkrieges statt. Die Opfervertretungen boykottieren aus Protest gegen die Relativierung des faschistischen Ustascha-Regimes die offizielle Staatszeremonie am 22. April und bereiten eigene Gedenkzeremonien vor.
Die Koordination Jüdischer Gemeinden in Kroatien wird der Opfer des vom Ustascha-Regime, das im Zweiten Weltkrieg mit dem Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) einen Vasallenstaat Nazi-Deutschlands errichtete, geleiteten Vernichtungslagers (1941-1945) am morgigen Freitag gedenken. Am 24. April findet laut Medien eine vom „Bund der Antifaschisten“ organisierte Gedenkfeier, der sich voraussichtlich auch der Dachverein der kroatischen Serben, der Serbische Volksrat (SNV), anschließen wird.
Trotz Versöhnungsversuchen der kroatischen Staatsspitze bleiben die Vertreter jener Gruppen, die in dem Vernichtungslager die meisten Opfer zählten, der offiziellen Gedenkfeier fern. Sie wollen damit gegen die allgemeine Atmosphäre in der kroatischen Gesellschaft protestieren, in der die Versuche zur Relativierung des mit Nazi-Deutschland verbündeten faschistischen Ustascha-Regimes und zur Revision der Geschichte geduldet werden, hieß es.
„Es ist Zeit, die gefährliche Praxis aufzuhalten, dass an einem Tag in Jasenovac der Opfer gedacht wird, an den restlichen 364 Tagen aber der Genozid in Jasenovac und andere Ustascha-Verbrechen ungehindert relativiert, abgemildert und negiert werden und die Ideologie der Bewegung, die diese Verbrechen durchführte, toleriert und wiederbelebt wird“, teilte SNV mit.
Die kroatische Politspitze zeigte sich besorgt über die immer stärkere ideologische Spaltung im Land und verurteilte das Ustascha-Regime einstimmig. „Um ganz klar zu sein, der NDH-Staat war weder unabhängig, noch beschützte er die Interessen des kroatischen Volkes. Das Ustascha-Regime war ein verbrecherisches Regime“, sagte die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic.
Auch Premier Tihomir Oreskovic verurteilte in seinem und im Namen seiner Regierung die Verbrechen des Ustascha-Regimes. Er bedauerte, dass das Gedenken der Opfer für „Politisierung“ genützt werde, die zu neuen Teilungen in der Gesellschaft führe.
Politische Beobachter begrüßten die klare Stellungnahme der kroatischen politischen Spitze, wiesen aber gleichzeitig darauf hin, dass es ausgerechnet die Politiker jahrelang mit ihrer Untätigkeit zugelassen haben, dass es überhaupt zu einer solchen tiefen ideologischen Spaltung kommen konnte.
Der politische Analytiker Ivan Rimac meint, dass die jetzige scharfe Verurteilung des Ustascha-Regimes eine Folge des Drucks durch einen Besuch des US-Sonderbeauftragten für Holocaust-Fragen, Nicholas Dean, gewesen sei.
Seit Jahren werden Ustascha-Parolen und -Symbole in Kroatien still geduldet. Der Gruß „Za dom - spremni!“ („Für die Heimat - bereit!“) gehört unter den kroatischen Fußballfans zum Standard-Repertoire und wird von der Politik stillschweigend toleriert. Politiker, die bei Fußballspielen als Zuschauer anwesend sind, hören die Parolen offenbar nicht, zumindest reagieren sie nicht darauf, so die Kritiker. Auch der kroatische Premier und die Staatspräsidentin würden da keine Ausnahme machen.
Dazu hat die neue kroatische Regierung aus der nationalkonservativen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) und der wirtschaftsliberalen „Most“ in ihren Reihen einen Kulturminister, der wegen seiner umstrittenen ideologischen Ansichten für Kontroversen sorgt. Dem rechtsgerichteten Historiker, Zlatko Hasanbegovic, werden Sympathien für das Ustascha-Regime vorgeworfen, jedoch hält die Regierung an ihm fest.
Unter der Herrschaft des sogenannten Unabhängigen Staates Kroatien (NDH), der als Vasallenstaat Hitler-Deutschlands von 1941 bis 1945 bestand, wurden Serben, Juden, Roma und kroatische Antifaschisten von den Ustascha verfolgt und ermordet. Das Vernichtungslager Jasenovac, rund 100 Kilometer südöstlich von Zagreb, gehörte zu den größten Lagern dieser Art in Europa. Am 22. April 1945, nachdem die Ustascha begonnen haben das Lager zu zerstören und die Gefangenen zu töten, kam es zu einem Fluchtversuch, den nur 90 von 600 Häftlingen überlebten.
Historiker sind uneins über die Zahl der Opfer, die in Jasenovac umkamen. Die meisten Opfer waren Serben, Roma und Juden, aber auch antifaschistische Kroaten. Während das Museum von Jasenovac die Zahl der Opfer mit rund 83.000 angibt, gehen serbische Quellen von 700.000 Opfern aus. Das Holocaust-Museum in Washington schätzt die Zahl auf 100.000.