Serbien-Wahl - Aleksandar Vucic als politischer Dauerbrenner

Belgrad (APA) - 46 Jahre ist der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic alt, die Hälfte davon ist er bereits in der politischen Szene prä...

Belgrad (APA) - 46 Jahre ist der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic alt, die Hälfte davon ist er bereits in der politischen Szene präsent. Nun ist er dabei, seine zweijährige Regierungszeit um weitere vier Jahre zu verlängern. Seine anhaltende Vormachtstellung in der politischen Szene, die Mitte 2012 begann, als er Vizepremier wurde, kann derzeit durch keinen Konkurrenten gefährdet werden.

Denn die Popularität von Vucic liegt sogar um einige Prozentpunkte über jener seiner Serbischen Fortschrittspartei (SNS), die aktuell von rund der Hälfte seiner Landsleute unterstützt wird. In der Tat scheint in den vergangenen vier Jahren, in denen Vucic zunächst als Vizepremier zum starken Mann Serbiens aufgestiegen war, gar nichts mehr ohne ihn zu laufen, weder in der Regierung noch auf Lokalebene und schon gar nicht in den internationalen Beziehungen Serbiens.

Kritiker werfen ihm autoritäre Regierungsmethoden, Druck auf Medien und häufig harsches Verhalten vor allem Journalisten gegenüber vor. Der Premier scheut keine Kritik. Er entschuldigt sich und ändert kaum etwas an seiner Vorgangsweise. Denn eines können ihm Kritiker nicht vorwerfen. Vucic ist nach wie vor für seine enorme Arbeitsenergie bekannt.

„Eine Wende zum Besseren ist ganz gewiss zu merken. Das kann man nicht bestreiten“, glaubt Jadranka, eine jener Bürger Serbiens, die in den neunziger Jahren immer wieder gegen das Regime von Slobodan Milosevic demonstrierten, dessen Mitglied Vucic eine Zeit lang auch war.

Seine politische Karriere startete der Regierungschef 1993 in der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei von Vojislav Seselj. Während des Kosovo-Krieges (1998-99) und der NATO-Bombardements blieb Vucic als jener Informationsminister in Erinnerung, der für hohe Geldstrafen für kritische Medien verantwortlich war. Später fungierte der Jurist auch als Rechtsberater Seseljs, als sich dieser vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien zu verteidigen hatte. Dann kam im Herbst 2008 die Trennung, als Vucic zusammen mit seinem Parteifreund und derzeitigen Staatschef Tomislav Nikolic die Serbische Fortschrittspartei gründete.

Die Partei, der etliche ehemalige Ultranationalisten angehören, schlug einen klaren EU-Kurs ein, will aber auch die Zusammenarbeit mit Russland pflegen, wofür vor allem Anhänger von Nikolic eintreten.

Eine Zusammenarbeit mit dem Ultranationalisten, schloss Vucic völlig aus, auch wenn Seselj im Wahlkampf die Bereitschaft dazu signalisierte. Er widersetze sich vehement einer Politik, die Serbien in die Vergangenheit stoße und das Land von allen anderen isoliere, reagierte der Premier auf den Freispruch für Seselj. Kompromisse werde es nicht geben, ließ er im Wahlkampf wissen. „Entweder bist Du für die Vergangenheit oder aber für die Zukunft“, lautete eine seiner Wahlparolen.

Dass er bemüht ist, Hindernisse geschickt zu umgehen, bewies der Premier auch im Wahlkampf. Er unterließ es, auf die Blockade der EU-Annäherung Serbiens durch Kroatien zu reagieren. „Wir werden uns entsprechend den EU-Regeln, der europäischen Praxis und einer guten Nachbarschaft verhalten“, sagte Vucic zur für Belgrad enttäuschenden Entscheidung Zagrebs, zunächst keine Zustimmung zur Eröffnung des Beitrittskapitels 23 (Justiz und Grundrechte) mit Serbien zu erteilen.

Auf internationalem Parkett erwies sich Vucic als jener Politiker Serbiens, der 2013 das äußerst wichtige Brüsseler Abkommen mit Prishtina ermöglichte, auch wenn dieses bis dato nicht voll umgesetzt worden ist. Zum 20. Jahrestag des Srebrenica-Massakers wohnte der Premier im Juli 2015 auch der Gedenkfeier in Potocari bei, wo er anschließend von einer Gruppe wütender Familienangehöriger vom Gedenkgelände vertrieben wurde. Fast ein Jahr später wurden nun sechs Angreifer von bosnischen Behörden identifiziert.

Im Wahlkampf warnte der einstige Ultranationalist vor wachsenden Nationalismen nicht nur in seinem Land, sondern in der ganzen Region. Besonders besorgniserregend sei die Situation in Bosnien, meinte Vucic, dem es bisher gelungen ist, auch den Separatismus des bosnisch-serbischen Präsidenten Milorad Dodik in Schranken zu halten.

Die Sparmaßnahmen der Regierung - darunter die Kürzung von Pensionen und Einkommen - zeigen nun erste positive Resultate. Auch ausländische Investitionen sind seit Jahresanfang erneut im Anstieg. Der kürzliche Verkauf des Stahlwerkes in Smederevo an den chinesischen Konzern HBIS glich laut heimischen Wirtschaftsexperten gar einem Wunder. Serbien dürfte heuer nach Schätzung der Weltbank mit einem knapp zweiprozentigen Wachstum nach 0,8 Prozent im Vorjahr rechnen.

Der vor zwei Jahren groß angekündigte Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität blieb allerdings nur ein frommer Wunsch. Ein Prozess gegen den einst reichsten Serben Miroslav Miskovic wegen Finanzmachenschaften zieht sich in die Länge. Der Geschäftsmann dürfte gute Aussichten haben, am Schluss doch freigesprochen zu werden.