„Historisches Neuland“ bei Bestellung von Nachfolge von UNO-Chef Ban
New York (APA) - Geht es bei den Vereinten Nationen um wichtige weltpolitische Entscheidungen, hat meist der Sicherheitsrat das Sagen. Genau...
New York (APA) - Geht es bei den Vereinten Nationen um wichtige weltpolitische Entscheidungen, hat meist der Sicherheitsrat das Sagen. Genauer gesagt: Die mit dem Vetorecht ausgestatteten fünf ständigen Mitglieder des 15-köpfigen Gremiums - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich.
Das könnte sich ändern, wenn die am Donnerstag beendeten Anhörungen zur Wahl des nächsten UNO-Generalsekretärs Schule machen. Es war das erste Mal seit der Gründung der UNO vor 70 Jahren, dass alle 193 Mitgliedsstaaten die Bewerber für den höchsten UNO-Posten befragen konnten. Die geheimen Absprachen, die bisher das Prozedere gekennzeichnet haben, würden der Vergangenheit zugeordnet.
„Wir haben bei der Bestellung des nächsten Generalsekretärs historisches Neuland betreten“, kommentiert der österreichische UNO-Botschafter Jan Kickert die dreitägigen Vorstellungsgespräche. Insgesamt neun Kandidaten nahmen teil. Der derzeitige UNO-Chef, der Südkoreaner Ban Ki-moon, scheidet nach seinem zweiten fünfjährigen Mandat Ende des Jahres aus.
Neu ist auch, dass sich Frauen um das höchste Amt am UNO-Sitz bewerben. Aktuell befinden sich unter den neun Kandidaten vier Frauen - Irina Bokowa (Bulgarien), Helen Clark (Neuseeland), Natalia Gherman (Republik Moldau), und Vesna Pusic (Kroatien). Bei den männlichen Kandidaten handelt es sich um Antonio Guterres (Portugal), Srgjan Kerim (Mazedonien), Igor Luksic (Montenegro), Danilo Türk (Slowenien) und Vuk Jeremic (Serbien).
Der UNO-Satzung zufolge wird der Generalsekretär von der Generalversammlung auf Empfehlung des Sicherheitsrates gewählt. Diesem Prozess mangelte es jedoch an Transparenz. Botschafter Kickert bringt es auf den Punkt: „Der Sicherheitsrat ließ sich nicht in die Karten schauen und man wusste nicht einmal, wer die Favoriten waren.“
Um den Auswahlprozess transparenter zu machen, beschloss die Generalversammlung letztes Jahr, vor der eigentlichen Wahl öffentliche Anhörungen durchzuführen. Der Sicherheitsrat könnte den Wunschkandidaten der Generalversammlung per Veto blockieren. Kickert glaubt aber, der Rat könne sich künftig nicht über die allgemeine Stimmung hinwegsetzen. Sollte er es dennoch tun, könne sein, dass die Generalversammlung, „ihre Muskeln zeigt“.
20 Stunden wurden die neun Kandidaten und Kandidatinnen in den vergangenen drei Tagen ins Kreuzverhör der Mitgliedsstaaten und Vertreter der zivilen Gesellschaft genommen. Die einen hätten Wahlkampfplattformen vorgestellt, die mit Allgemeinplätzen angereichert waren, andere wiederum seien sehr konkret gewesen, so Kickert.
Der Präsident der Generalversammlung, der Däne Mogens Lykketoft, sagte zu Beginn der Vorstellungsgespräche am Dienstag, er schließe weitere Kandidaten nicht aus. Eine Frist gäbe es nicht. Diplomaten zufolge wird der Sicherheitsrat Ende Juli eine Probeabstimmung abhalten. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden.
„Wichtig ist“, sagt Kickert, „dass nicht mehr alles im Hinterzimmer zwischen zwei Mächtigen ausgemacht wird“. Kickert stellte Fragen im Namen der aus 23 kleinen und mittelgroßen Staaten bestehenden ACT-Gruppe, die sich eine Reform des Sicherheitsrates zum Ziel setzt. ACT ist das Akronym für Accountability, Coherence und Transparency - Rechenschaftspflicht, Kohärenz und Transparenz. „Wichtig ist auch, dass wir einen Generalsekretär bekommen, der stark genug ist, auch Dinge anzusprechen, die den mächtigen Staaten nicht so angenehm sind.“
~ WEB http://www.un.org/en/ ~ APA054 2016-04-15/08:30