VW: US-Staranwalt erhöht Druck, Verkaufszahlen sinken deutlich
US-Staranwalt Hausfeld will auch europäische Kunden vertreten. Zudem drückt der Abgas-Skandal weltweit auf die Verkaufszahlen von VW.
Wolfsburg, München – Die Kanzlei des US-Staranwalts Michael Hausfeld erhöht in der Abgasaffäre bei Volkswagen einem Zeitungsbericht zufolge den Druck auf Europas größten Autobauer. Hausfelds Kanzlei habe in der Nacht zum Donnerstag in einem 24-seitigen Papier beim zuständigen Bezirksgericht in San Francisco Akteneinsicht für europäische VW-Kunden beantragt, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Freitag.
Zudem drückt die Abgaskrise auf die Absatzzahlen. Während Europas Automarkt wächst und die Konkurrenten zum Teil zweistellige Zuwachsraten vermelden, verzeichnet die Kernmarke VW teilweise heftige Rückgänge bei den Verkaufszahlen.
Kanzlei könnte Zugriff auf Tausende Datensätze bekommen
VW habe die freiwillige Herausgabe von angeforderten Informationen verweigert. Dem Bericht zufolge kritisiert die Kanzlei den Konzern in dem Papier hart. Die Käufer hätten ihre Autos unter dem falschen Eindruck gekauft, sie seien „saubere“ Diesel-Fahrzeuge. Volkswagen habe jedoch betrügerisch und vorsätzlich eine Schummelsoftware eingesetzt.
Ein solcher Antrag auf Akteneinsicht ist nach US-Recht zur Unterstützung von Rechtsstreitigkeiten im Ausland möglich, wie die Zeitung weiter berichtete. Kommt er durch, bekommt die Kanzlei demnach Zugriff auf Tausende Datensätze und wichtige Details in der Affäre. Dies würde die Ausgangslage für bevorstehende Schadenersatzklagen in Europa deutlich verbessern, schrieb die „SZ“.
Autokäufer in Europa sollen nicht „Kunden zweiter Klasse werden“
Hausfelds Kanzlei will wahrscheinlich auch in Deutschland im Namen Tausender europäischer Kunden gegen VW Klagen einreichen. Denn bisher ist VW nur in den USA bereit, den betroffenen 600.000 Kunden in der Abgasaffäre eine Entschädigung von je 1.000 Dollar zu zahlen. Die europäischen Kunden könnten hingegen leer ausgehen. Hausfeld sagt, er wolle verhindern, „dass Autokäufer in Europa zu Kunden zweiter Klasse werden“. Die hätten schließlich für etwas gezahlt, was ihnen dann nicht geliefert worden sei.
VW laut Hausfeld „arrogant“
Seit einigen Wochen schon versucht der US-Anwalt deshalb mit VW ins Gespräch und an Informationen in der Affäre zu kommen. Doch die VW-Spitze lässt die Kanzlei aus Washington bisher abblitzen. Einen ersten Brief an VW-Chef Matthias Müller ließ sie dem Bericht zufolge unbeantwortet; einen zweiten nahm sie erst gar nicht an. „Wir hatten viele verschlossene Gegner. Aber keiner war jemals so arrogant“, sagte Hausfeld laut „SZ“.
Abgaskrise setzt VW beim Absatz weiter zu
Derweilen kämpft Volkswagen beim Absatz weiter mit den Folgen des Dieselabgasskandals. Im März rollten rund um den Globus 543.700 Fahrzeuge der Marke mit dem VW-Logo zu den Kunden, um 2,7 Prozent weniger als vor Jahresfrist, wie der Wolfsburger Autobauer am Freitag mitteilte.
Dabei konnte ein Absatzplus von 3,6 Prozent auf dem größten Pkw-Markt in China einen Rückgang um 10,4 Prozent in den USA und von 2 Prozent in Westeuropa nicht wettmachen. In Brasilien schrumpften die Auslieferungen wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise sogar um mehr als 35 Prozent. Der Rückgang in Russland fiel nach hohen Einbußen in vergangenen Monaten mit minus 2 Prozent geringer aus.
Auch auf dem Heimatmarkt in Deutschland schlug die Marke VW im März weniger Autos los (minus 8,2 Prozent). Weltweit gingen seit Jahresbeginn 1,46 Millionen Autos zu den Kunden, minus 1,3 Prozent.
Die deutschen Konkurrenten Daimler und BMW glänzen hingegen mit zweistelligen Zuwächsen. Bei den Stuttgartern lag das Plus bei 11,6 Prozent, die Münchner schlugen 15,3 Prozent mehr Fahrzeuge los.
Europas Automarkt wuchs im März weiter
Europas Automarkt legt weiter zu: Mit gut 1,7 Millionen Fahrzeugen seien in der EU im März um 6 Prozent mehr zugelassen worden als im entsprechenden Vorjahreszeitraum, teilte der Branchenverband Acea mit. Damit stieg der Absatz den 31. Monat in Folge. Das Verkaufsvolumen sei nahe bei dem im Jahr 2007 erreichten Niveau, hieß es. Kurz danach hatte die Finanzkrise die Autoindustrie schwer getroffen.
In Italien sprangen die Neuzulassungen im März um 17,4 Prozent nach oben, Frankreich verzeichnete ein Plus von 7,5 Prozent. Auch Großbritannien legte zu (+5,3 Prozent). Deutschland (-0,04 Prozent) und Spanien (-0,7 Prozent) verzeichneten hingegen leichte Rückgänge. (APA, dpa, tt.com)