„Haut ab! Wir sind hier nicht im Wilden Westen“
Ein Quartett soll einen Überfall auf ein Spiellokal sowie einen Einbruch in ein Fast-Food-Lokal in Innsbruck begangen haben, bis zu 15 Jahre Haft drohen. Der Prozess wurde zur Erörterung eines DNA-Gutachtens vertagt.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck – Kommissar Zufall und DNA-Treffer führten gestern zu einem Raubprozess, der auch locker Stoff eines packenden Krimis sein könnte. So mussten sich vier untereinander bekannte Albaner des schweren Raubes und teils der schweren Nötigung verantworten. Den 26- bis 40-jährigen allesamt in Tirol wohnhaften Männern – für sie gilt noch die Unschuldsvermutung – drohen nun ein bis fünfzehn Jahre Haft – obwohl es für sie schon einmal ganz anders aussah.
Rückblende: Im Mai 2014 überfielen drei Maskierte mit Pistolen nach Mitternacht ein Innsbrucker Wettlokal. Nachdem sie erst eine Kellnerin bedroht hatten, begaben sie sich zu einer Pokerrunde. Diese sollte mit Blick in Pistolenläufe ihr Bargeld auf den Tisch legen. Als schon über 1000 Euro aus den Hosensäcken hervorgekommen waren und auch seine Frau bedroht worden war, reichte es dem Lokalbesitzer: „Haut ab! Wir sind hier nicht im Wilden Westen“, schrie er und rief zu seiner Frau, ob denn die Pistole drüben bei ihr sei. Das sorgte bei den Räubern für Verunsicherung: „Schieß, schieß!“, rief einer zum Komplizen. Ein lautes Klicken war zu hören. Darauf ergriffen die Räuber mit 60 Euro Beute die Flucht. Erst im Obergeschoß löste sich dann der Schuss.
Zwei Monate später spürte frühmorgens die Reinigungskraft eines Innsbrucker Fast-Food-Lokals plötzlich jemanden im Nacken. Schon als sich der Mann umdrehte, wurde er mit einem Elektroschocker angegangen und mit dem Tod bedroht, wenn er nicht den Standort des Tresors verrate. Da die Täter einen Schlüssel hatten, ging alles ganz schnell: Mit 22.061 Euro konnte das Trio unerkannt entkommen. Den Überfallenen ließen sie gefesselt zurück.
Erst als der Erstangeklagte letztes Jahr anderweitig ins Visier der Polizei geriet und sich Fingerabdrücke und DNA abnehmen lassen musste, kam es in der Polizei-Datenbank zu einem Treffer. Eine Hausdurchsuchung bei dem 40-Jährigen sorgte dann für weitere Überraschungen. Fand sich doch genau jene Sporttasche, die auf dem Überfallsvideo zu sehen war, in dessen Keller. Darin Bekleidungsstücke voll mit der DNA der Mitangeklagten. Dazwischen die Losungssäckchen des Fast-Food-Lokals.
Trotzdem erklärten sich alle Angeklagten zu den Überfällen für nicht schuldig. Nur aufgrund deren guter Bekanntschaft und gemeinsamen Autofahrten konnten die Kleidungstücke im Fahrzeug liegengeblieben und so in die Tasche gelangt sein. Der Erstangeklagte wollte wiederum nur für drei Unbekannte den Fahrer für Einbruchstouren gemacht haben. An dessen Pistole war jedoch sogar die Seriennummer herausgefeilt. Ausgerechnet wegen einer in der Tasche sichergestellten Unterhose muss der Sachverständige nun sein DNA-Gutachten noch ergänzen.