WKO: Dorfwirte durch Vereinslokale und -feste gefährdet
Wien (APA) - „Traditionelle Wirtshäuser dienten immer als Kommunikationsmittelpunkt in Gemeinden. Vereinslokale und -feste gefährden das Übe...
Wien (APA) - „Traditionelle Wirtshäuser dienten immer als Kommunikationsmittelpunkt in Gemeinden. Vereinslokale und -feste gefährden das Überleben der Dorfwirte aber massiv“, so Mario Purker, Obmann des Fachverbands Gastronomie der Wirtschaftskammer bei einem Pressegespräch am Freitag. Je höher die Anzahl an Vereinen, desto mehr Gasthäuser hätten in den letzten zehn Jahren geschlossen.
Vor allem in ländlichen Gebieten stehe die Gastronomie extrem unter Druck, immer mehr Dorfwirte würden unter der Konkurrenz der Vereinslokale leiden. „Wenn diese Entwicklung anhält, werden immer mehr Kleinstbetriebe schließen müssen“. Landflucht, geringere Steuereinnahmen und der Verlust von Arbeitsplätzen wären die Folge.
Mit etwa 121.000 Vereinen ist Österreich internationaler Spitzenreiter, zwischen 2000 und 2014 wurden 16.700 neue Vereine registriert. Die meisten Vereine sind in Niederösterreich zu finden. Gleichzeitig ging die Zahl der Kleingastronomen um 9 Prozent, das sind 2.400 Betriebe, zurück.
In Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und dem Burgenland sei die Problematik besonders groß. Dort erwirtschaften Vereine mit Festen und Lokalen laut einer Hochrechnung der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) jährlich einen Umsatz von etwa 864 Mio. Euro. „Dies beschert der Kleingastronomie massive Umsatzeinbußen“, so Friedrich Schneider, Professor an der JKU. Zum Vergleich: die gewerbliche Kleingastronomie setzt in diesen Bundesländern insgesamt 1,769 Mrd. Euro um.
Auch der öffentlichen Hand würden dadurch jährlich rund 130 Mio. Euro an Umsatzsteuer entgehen.
Besonders mehrtägige Feste und Clubbings sind der Gastronomie ein Dorn im Auge: Vereine müssten sich hier nur an einen Bruchteil der gewöhnlichen Richtlinien halten. „Die Schere zwischen dem, was ein Gastronom darf und dem, was ein Verein darf, darf nicht weiter auseinandergehen“, so Purker.
30.000 Vereine haben im Vorjahr Feste über drei Tage veranstaltet, ein Großteil davon ohne gewerbliche Gastronomie. Das habe mittlerweile auch Auswirkungen auf die „Blaulichtvereine“. „Die Feuerwehren wissen aufgrund der großen Konkurrenz teilweise nicht mehr, wann sie ihre Feste veranstalten sollen.“
Purker betont, dass an der Wichtigkeit von „echten“ gemeinnützigen Vereinen wie der Freiwilligen Feuerwehr und dem Roten Kreuz nicht zu rütteln sei. Bei der „gemeinnützigen“ Verwendung von Einnahmen, müsse es aber mehr Kontrolle geben. „Für Jugend- und Spaßvereine, die sich mit öffentlichen Förderungen oder Einnahmen aus Veranstaltungen Urlaube und Ähnliches finanzieren, haben wir kein Verständnis.“
In diesem Zusammenhang wendet er sich auch an die Politik: „Wir warnen davor, politischen Parteien und deren Vorfeldorganisationen weitere Vorteile zukommen zu lassen, damit sie illegale Parteienfinanzierung betreiben können.“ Es dürfe keine weitere Parteienfinanzierung durch die Hintertür auf Kosten der Gastronomie geben. Bei der Parteienförderung liege Österreich weltweit auf Platz zwei hinter Japan.
Der Fachverband für Gastronomie fordert, wieder annähernd gleiche Wettbewerbsbedingungen für Gastronomie und Vereine herzustellen. Anzusetzen sei besonders am Steuergesetz: derzeit würden alle steuerrechtlichen Vorteile eines Vereins wegfallen, sobald er bei Veranstaltungen mit einem Gastronom zusammenarbeitet. Zudem soll es für mehr Transparenz und Kontrollierbarkeit ein bundesweites Register für Veranstaltungen mit Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken geben - dafür könne eine bereits bestehende Datenbank wie beispielsweise das elektronische Gewerbeinformationssystem verwendet werden. Auch die fallweise Beschäftigung von Aushilfskräften soll vereinfacht werden.