Gesellschaft

Es war einmal das Leben: Alltagsgegenstände von gestern

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Moderne Technik und Weiterentwicklung lassen immer wieder Alltagsgegenstände von gestern aus unserem Leben verschwinden. Dabei tut es dem Menschen ganz gut, ein wenig in Nostalgie zu schwelgen.

Von Marco Witting

Innsbruck — Die mit 50 Schilling am Schulbeginn aufgeladene Telefonwertkarte, mit der man im Notfall die Mama anrufen konnte. Wenn der Viertelanschluss daheim nicht wieder besetzt war. Natürlich. Papas Straßenkartensammlung, der Wurlitzer in der Bar an der Ecke, die selbst aufgenommenen Kassetten der Hitparade mit Udo Huber. Rec + Play war die Kombination unserer Jugend. Alles weg. Es war einmal das Leben.

Nostalgie. Der Duden sagt dazu: vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst, Musik o. Ä. man wieder belebt. Der Autor dieser Zeilen gesteht hiermit, dass er dies nicht in einem Lexikon nachgeschlagen hat. Sondern im Interne­t. Und damit sind große Nachschlagewerke (vom Duden über den Atlas bis zum Großen Brockhaus) beispielgebend für Dinge, die aus unserer Welt fast vollständig verschwunden sind. Es ist bei Weitem nicht das Einzige.

An einer Telefonzelle führte früher beispielsweise kein Weg vorbei. „Der Bedarf ist natürlich mit der hohen Mobilfunkdichte zurückgegangen", sagt Livia Dandrea von A1. Österreichweit gibt es derzeit noch 16.000 öffentliche Sprechstellen, wie die Telekom sie nennt. Davon stehen 1050 in Tirol — 118 wieder davon in Innsbruc­k. Handybesitze­r mit leere­m oder defektem Akku und seh­r oft Touristen sind die wenigen Nutze­r, die sich noch in eine Telefonzell­e stelle­­n. „Dort, wo es früher vier, fünf Zellen gegeben hat, sind an neuralgischen Punkten vielleicht noch ein oder zwei übrig", sagt die A1-Sprecherin. Die Standorte würden dem Bedarf angepasst. In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Telefonzellen stabil geblieben.

Die Mobiltelefone haben nicht nur die metallenen Zellen aus unserem Leben geboxt, auch dem Festnetzanschluss ging es an den Kragen. Vorbei die Zeiten von Wählscheiben und den einst modernen Tasten- oder Schnurlostelefonen. Auch das beim Einwählen piepende Internetmodem, das vor 20 Jahren en vogue war, braucht heute keiner mehr. Nicht der einzige Verlust durch das Computerzeitalter.

Die Zahl der Postsendungen geht durch E-Mail, SMS und WhatsApp noch immer um drei bis fünf Prozent zurück. In Tirol zählt man aktuell daher nur noch 1368 Briefkästen, wie Postsprecher Michael Homola bestätigt. Schon vor knapp zehn Jahren wurden Tausende abmontiert. Das Handy als Allzweckwaffe in der Hosentasche ersetzt auch sonst früher liebgewonnene Begleiter.

Kein Discman mehr. Schon gar kein Walkman mehr. Mit dessen Ende hat sich auch der Bandsalat bei den Lieblingskassetten erledigt — und der Bleistift hat eine wichtige Aufroll-Funktion verloren. Ebenfalls nur noch bei echten Liebhabern zu finden sind Plattenspieler mit den ständig nachzukaufenden Nadeln.

Legendär im Fotobereich der aufsteckbare Blitzwürfel, die Sofortbildkamera und natürlich Filme für die analogen Kameras. Das digitale Zeitalter hat sie weitgehend ersetzbar gemacht. Die britischen Psychologen Tim Wildschut, Constantine Sedikides und Clay Routledge haben bereits vor Jahren erforscht, dass der Mensch nahezu einmal pro Woche der Nostalgie verfällt. Sie sei eine soziale emotionale Erfahrung, bei der Beziehungen zu vertrauten Menschen zentral sind und die vor allem durch positive Gefühle gekennzeichnet ist. Zudem sei die Erinnerung ein positiver Schutzmantel für unsere Stimmung.

Und so kommt es wohl auch, dass jeder die klassische Schreibmaschine, die einen Fehler nur mit Tipp-Ex verzieh, einst verflucht hat und sie doch gerne in Erinnerung hat. So kommt es, dass sich jeder gerne an die Irrfahrten nach München mit Stadtplan erinnert, wo es heute mit Navi viel leichter geht. Schreibmaschine, Stadtplan, der Videorekorder, die Schulterpolster und Turnschuhe der einstigen Zeit sind gegangen. Die Erinnerung daran ist geblieben.

Noch da ist der Scheck. Aber nur noch, wenn es um die Übergabe einer Spende geht. Als Zahlungsmittel ist auch er längst Vergangenheit. So wie das Testbild im Röhrenfernseher. Und das, was uns heute noch lieb und teuer ist, kann morgen auch schon auf der Nostalgie-Liste stehen.

Was bald weg ist?...

  • Forscher gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren weitere Alltagsgegenstände aus unserem Leben verschwinden werden. Diese Veränderungen könnten Desktop-PCs, Fahrkartenautomaten und Digitalkameras betreffen.
  • Auch der 3D-Brille, die einst sogar bei der Lottoziehung zum Einsatz kam, könnte es an den Kragen gehen. Die Zukunft könnten dreidimensionale Bilder sein, die im Kino auch ohne Brille zu erkennen sind.
  • Lichtschalter: Es wird noch länger dauern, aber so genannte Smart Homes sollen sowohl die Belichtung als auch die Heizungsregelung im Haus der Zukunft selbst regeln und einstellen können. Mit der Kreditkarte in Plastik dürfte dann schon niemand mehr zahlen. Bezahlen der Zukunft könnte man dann schon mit Handysystemen.