Walpersdorf: Exzeptionelle „Winterreise“ mit Skovhus und Vladar

Walpersdorf (APA) - Zum Auftakt der Schlosskonzerte Walpersdorf haben sich Bo Skovhus (Bariton) und Stefan Vladar (Klavier) am frühlingshaft...

Walpersdorf (APA) - Zum Auftakt der Schlosskonzerte Walpersdorf haben sich Bo Skovhus (Bariton) und Stefan Vladar (Klavier) am frühlingshaften Freitagabend auf eine Schubert‘sche „Winterreise“ begeben und mit einer fürwahr exzeptionellen Interpretation atemlose Momente und enormen Beifall erzielt. Ein beachtlicher, ja festivalreifer Einstand für den als Veranstalter fungierenden Verein „Kultur: Schloss Walpersdorf“.

Das wuchtige, nahe Herzogenburg gelegene Renaissanceschloss mit seinen meterstarken Mauern und den kantigen Türmen bietet ein imposantes Ambiente, wie man es im Traisental kaum vermuten würde. Tagsüber belebt der Home Store einer Interieur-Firma die alten Gemäuer. In den Festsaal mit seinen hohen Tonnengewölben dringt zur Abenddämmerung das Geschnatter der Gänse, auf den Wiesen rundum tummeln sich dickfellige Schafe: eine bukolische Idylle sondergleichen. Schon seit einigen Jahren beschäftigen sich Skovhus und Vladar mit dem „Winterreise“-Zyklus. Im Programmheft wird aus einem Interview mit Skovhus aus dem Jahr 2012 zitiert: „Ich glaube, wir sind beide jetzt reif genug, haben genügend Lebenserfahrung gesammelt, um diese Herausforderung annehmen zu können, an die ich mich als junger Sänger aus Respekt nie gewagt hätte.“ Das Resultat dieser jahrelangen vorsichtigen Annäherung ist schlichtweg beeindruckend. Skovhus entgeht jeglicher Versuchung zu betulicher theatralischer Illustrierung und gibt pathosfrei, gleichsam erzählerisch die abgrundtiefen Depressionen wieder, die der Protagonist in den 24 Liedern durchwandert. Stets mit adäquatem Ausdruck, stimmigem Timbre, subtilsten Schattierungen und nuancierter Farbgebung: intensiv, ergreifend. Vladar ist ein kongenialer Partner, der sich nicht unterordnet, sondern dialogischen Strukturen nachspürt, klare Akzente und dynamische Impulse setzt. Das wirkt sich auch vorteilhaft auf die Wahl der Tempi aus: Gleich zu Beginn („Fremd bin ich eingezogen“) geht es zügig dahin, später findet sich Zeit für Ermattung und Erschöpfung. Da wird bald klar: Es geht überhaupt nicht um verstiegene romantische Weltschmerz-Befindlichkeiten, sondern tatsächlich um nüchterne existenzielle Nöte. Um Fremde, Vertreibung, Flucht, Kälte, Obdachsuche, Einsamkeit, Verzweiflung, Resignation. Respekt und langer Atem haben sich gelohnt: So unprätentiös ergreifend und so dicht am Heute klang Schubert wohl noch selten. Am Sonntag gastieren Bo Skovhus und Stefan Vladar mit ihrer exzeptionellen „Winterreise“ dann im Wiener Konzerthaus. (S E R V I C E - Schlosskonzerte Walpersdorf: www.schloss-walpersdorf.at; Wiener Konzerthaus: www.konzerthaus.at)