Schmähgedicht-Affäre

Böhmermann kündigt Fernsehpause und Nordkorea-Reise an

Jan Böhmermann.
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Via Facebook hat sich der TV-Satiriker am Samstag in gewohnt witziger Manier zu Wort gemeldet. Dabei bedankte er sich bei der „überwältigenden Mehrheit“ für ihre Solidarität. Das ZDF sicherte Jan Böhmermann für die juristische Auseinandersetzung mit Erdogan indes volle Unterstützung zu.

Berlin - „Ich habe mich entschlossen eine kleine Fernsehpause einzulegen, damit sich die hiesige Öffentlichkeit und das Internet mal wieder auf die wirklich wichtigen Dinge wie die Flüchtlingskrise, Katzenvideos oder das Liebesleben von Sophia Thomalla konzentrieren kann“, schreibt Jan Böhmermann auf seiner Facebook-Seite.

Er fühle „Solidarität für die Sendung von der überwältigenden Mehrheit derjenigen, die nicht Präsident Erdogan sind. Dafür möchte ich mich von Herzen bedanken“.

Die aktuelle Lage bringe ihn aber auch in eine schwierige Situation. „Wenn selbst Beatrix von Storch auf einmal mit erhobenem Mauszeiger auf Seiten der Satire kämpft, über wen soll ich dann noch Witze machen? Nicht auszudenken, wenn sich auch noch Til Schweiger zwischen zwei Flaschen Emma Cuvé aus dem mallorquinischen Frühling melden würde, um mir beizustehen oder Campino und Bob Geldof plötzlich mit einem Charity-Song um die Ecke kämen.“

„Jetzt verlasse ich erstmal das Land, lasse mir beim Twerk&Travel durch Nordkorea die Sache mit der Presse- und Kunstfreiheit nochmal genau erklären, bevor ich noch ein paar Tage mit meinem Segway auf dem Jakobsweg pilgere, um mich selbst zu finden“, so Böhmermann abschließend.

ZDF sichert Moderator volle Unterstützung zu

Das ZDF hat Böhmermann für die juristische Auseinandersetzung mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan indes seine volle Unterstützung zugesichert. Der Sender stehe hinter dem Satiriker, sagte Intendant Thomas Bellut dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Wir gehen mit ihm durch alle Instanzen.“

Böhmermann hatte am 31. März in seiner Sendung ein als „Schmähkritik“ betiteltes Gedicht vorgetragen, um daran die Grenzen von Satire und Meinungsfreiheit zu erörtern.

Erdogan wird in dem Gedicht mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Ankara forderte daraufhin eine Strafverfolgung Böhmermanns, die die deutsche Regierung am Freitag bewilligte. Das ZDF hatte am 1. April die am Vortag auf ZDF Neo ausgestrahlte Böhmermann-Sendung „Neo Magazin Royale“ aus der Mediathek gelöscht. ZDF-Intendant Bellut sagte nun dem „Spiegel“, er halte den Beitrag für einen Grenzfall: „Man kann das so oder so sehen.“

Die Entscheidung zur Entfernung der Szene aus der Mediathek habe er aufgrund „meines persönlichen moralischen Wertesystems“ getroffen. „Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Aber ich halte sie nach wie vor für die am wenigsten falsche Entscheidung, die ich treffen konnte“, sagte Bellut. Der ZDF-Redakteur, der die strittige Szene mit Böhmermann diskutiert und freigegeben habe, müsse „keinerlei disziplinarischen Maßnahmen befürchten“, versicherte er. (TT.com, APA/AFP)