Das Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Präsidentin

Brasilia (APA/dpa) - Die parteiübergreifende Verstrickung in den Korruptionsskandal bei Auftragsvergaben des Petrobras-Konzerns hat fast die...

Brasilia (APA/dpa) - Die parteiübergreifende Verstrickung in den Korruptionsskandal bei Auftragsvergaben des Petrobras-Konzerns hat fast die gesamte politische Klasse Brasiliens in Misskredit gebracht. Aber zur Symbolfigur ist Präsidentin Dilma Rousseff geworden. Sie soll des Amtes enthoben werden.

Begründet wird dies aber nicht mit Korruptionsvorwürfen, sondern primär mit einer Verschleierung der wahren Höhe des Haushaltsdefizits. Das Verfahren ist kompliziert.

1. ABGEORDNETENHAUS: Zunächst war eine Sonderkommission gebildet worden, die die von der Opposition eingebrachten Vorwürfe prüfte. Nach mehreren Sitzungen und einer Anhörung der Regierung entschied die Kommission, dass eine Amtsenthebung gerechtfertigt sei. Am Sonntag entscheidet daher das Plenum, ob das Verfahren fortgeführt wird; 342 der 513 Abgeordneten müssen dafür stimmen (zwei Drittel). Bei Verfehlen dieser Stimmenzahl wird das Verfahren eingestellt.

2. SENAT: Der Senat bildet auch eine Kommission mit einem Viertel seiner Mitglieder (21). Einer Empfehlung für eine weitere Fortführung des Verfahrens muss mit einfacher Mehrheit zugestimmt werden; das kann Ende April so weit sein. Dann wäre Rousseff für 180 Tage suspendiert. Vizepräsident Michel Temer von der PMDB, der trotz des Koalitionsbruchs seiner Partei das Amt weiter ausübt, würde dann als Staatsoberhaupt übernehmen.

3. INTENSIVE JURISTISCHE PRÜFUNG: Unter Federführung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Ricardo Lewandowski, wird geprüft, ob die Vorwürfe juristisch so schwerwiegend sind, dass die Amtsenthebung gerechtfertigt wäre. Das soll höchstens ein halbes Jahr dauern. Bis Ende Oktober müsste der Senat sein endgültiges Urteil fällen. Stimmen zwei Drittel der Mitglieder (54 von 81) für eine Amtsenthebung, würde Interimspräsident Temer statt Rousseff das Amt voraussichtlich bis Ende 2018 ausüben - und wohl versuchen, eine Regierung ohne die Arbeiterpartei zu bilden.