Von Jägern und Gejagten
Einmal mehr rückt die Situation mit wildernden Hunden im Wald in den Fokus. Auf einen Hund zu schießen, ist für den Tiroler Jägerverband nur die „allerletzte Möglichkeit“.
Von Marco Witting
Innsbruck –Gewildert? Oder nur herumgelaufen? Zwei tote Familienhunde und Ermittlungen der Polizei gegen die Jägerschaft wegen der getöteten Hunde. Eine Woche nach tödlichen Schüssen in der Oststeiermark haben sich die Wogen noch nicht geglättet. Und auch in Tirol fragt man sich: Dürfen die Jäger das? Und warum ist es so gefährlich, wenn Hunde gerade im Frühjahr durch die Wälder jagen?
Auch in Tirol gab es in der Vergangenheit mehrfach Fälle, in denen Hunde von Jägern erschossen wurden. Generell komme es aber so gut wie nie vor, sagt Landesjägermeister Anton Larcher, „Gott sei Dank“. Denn für Larcher als ehemaligen Hundehalter kommt es nicht in Frage, einen Hund zu erschießen. „Das Töten eines wildernden Hundes kann nur die allerletzte Möglichkeit sein.“ Wobei Larcher die Sache differenziert sehen will. „Wer ein gerissenes Reh und die Szenerie, die damit einhergeht, einmal gesehen hat, der kann verstehen, dass in so einem Fall schon auch die Emotionen hochkochen.“
Man schätzt, dass es jährlich rund 100 Fälle allein in Tirol gibt, in denen Hunde Rehe wildern. Die Dunkelziffer dahinter sei schwer einzuschätzen. Unklar ist auch, wie viele Rehe etwa den Hunden entkommen, dann aber an Erschöpfung irgendwo qualvoll sterben. Werden das Rotwild oder andere Tiere gehetzt, komme zudem eine massive Unruhe in die Habitate. Abseits der frequentierten Wanderwege würden Hunde in die Rückzugsgebiete vordringen. Gerade im Frühjahr gebe es zudem bei fast allen Tierarten Nachwuchs. Larcher: „Wenn nun ein neugieriger Hund diese Kitze intensiv beschnuppert, kann es durchaus vorkommen, dass die Mutter ihr Kleines nicht mehr annimmt, weil es einen fremden Geruch hat. Daher gilt auch für uns Menschen, Kitze bitte nicht anrühren, sondern sich zurückziehen. Das Muttertier ist nicht weit!“
Rein rechtlich gesehen, darf seitens der Jäger auf wildernde Hunde geschossen werden. Nur auf wildernde Hunde. Weshalb Larcher angesichts einer schwierigen Beweislage davon abrät, auf einen Hund anzulegen.
Generell seien das Bewusstsein und die Disziplin der Hundehalter in Tirol sehr gut, sagt der Landesjägermeister, der von einigen wenigen „bedauernswerten Einzelfällen“ spricht. Doch durch deren Unwissenheit „und leider auch Ignoranz“ werde Tierleid riskiert. „Die Leinenpflicht ist schon in Ordnung, aber man kann hier nicht mit Gesetzen agieren. Wir bauen auf Verständnis und Aufklärung. Wenn wir auf solche Hundehalter treffen, sind Ruhe und Aufklärung allemal besser als harte Worte oder gar Drohungen.“ Es bringe nichts, im Wald herumzubrüllen.