Platter: “Harte Worte schaukeln die Stimmung immer weiter auf“
Vor dem Dreierlandtag nehmen die Spannungen zwischen Südtirol und Österreich zu. LH Platter fordert von Bundesregierung deshalb Mäßigung.
Von Peter Nindler
Innsbruck –Misstöne begleiten den am Mittwoch beginnenden Dreierlandtag von Tirol, Südtirol und dem Trentino in Trient. Es geht dort um die Flüchtlingsfrage und im Besondern um die Grenzsicherung am Brenner. In Südtirol hagelt es seit Wochen massive Kritik, auch das Trentino missbilligt Österreichs Pläne für Kontrollen und die Errichtung von Absperrungen und eines Grenzzauns ab Juni. Südtirols LH Arno Kompatscher rügte am Wochenende mehrmals die „Kampfrhetorik“ von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (VP) und Noch-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP). Er attestiert ihnen mangelnde Sensibilität. In einem Interview für das deutsche Nachrichtenmagazin Spiegel legt er nach und wirft Österreich vor, mit dem jetzigen Vorgehen auch das Zusammenführen des historischen Tirol jenseits von nationalstaatlichen Ideen in Frage zu stellen – „das wiegt schwer“. Kompatscher meint damit die Europaregion.
Tirols LH Günther Platter versucht jetzt zu beruhigen und plädiert selbst für Vernunft und die notwendige Sensibilität in der Wortwahl. „Schließlich ist der Brenner in seiner historischen und wirtschaftlichen Bedeutung mit keiner anderen Grenze vergleichbar“, sagt Platter gegenüber der TT. Die Vorbereitungsmaßnahmen der Bundesregierung am Brenner verteidigt er allerdings, um im Falle einer Verlagerung der Flüchtlingsströme bzw. eines erhöhten Aufkommens auf der Italienroute entsprechend reagieren und Grenzkontrollen durchführen zu können. „Wer die Situation beobachtet, wer die steigende Zahl der Ankünfte von Flüchtlingen in Süditalien verfolgt, der weiß auch, dass sich diese Menschen in Richtung Norden auf den Weg machen werden.“
Kein Verständnis hat der Landeshauptmann aber für harte Worte, welche die Stimmung immer weiter aufschaukeln und damit auch zu Verunsicherung in der Bevölkerung führen würden. Für Platter erschweren sie außerdem die notwendige Kooperation mit Italien, „die wir aber brauchen, um das Grenzmanagement geordnet und mit möglichst geringen Behinderungen für den Personen- und Güterverkehr, für Pendler und Touristen abwickeln zu können“. Alle Maßnahmen müssten in enger Abstimmung mit Italien und auch Deutschland vorbereitet und umgesetzt werden, fordert er die Bundesregierung zu mehr länderübergreifendem Engagement auf.
Zum Brenner höre er, so Platter, bislang nur viele Worte, auch zur europäischen Bedeutung des Brenners, sehe „aber wenig entsprechende Taten bzw. Unterstützung“. Die außergewöhnliche Situation zwinge Österreich zu temporären, nationalen Maßnahmen. „Allen, die Österreich dafür kritisieren, dass es handelt und sich vorbereitet, sei gesagt, dass sie uns stattdessen in der Forderung einer gesamteuropäischen Lösung unterstützen müssen.“
Bayerns Finanzminister für Kontrollen, Amnesty warnt
Innsbruck, München — Die geplanten Grenzkontrollen am Brenner führen jetzt auch zu Debatten in Bayern. Noch am Freitag hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärt, er hoffe nicht, dass es dazu komme. Sein drängender Kronprinz und Widersacher, Finanzminister Markus Söder, sagte hingegen am Sonntag der Bild-Zeitung, es könne sein, dass Grenzkontrollen am Brenner „unvermeidlich“ würden. „Der Flüchtlingsstrom auf der Balkanroute ist dank nationaler Maßnahmen und Grenzkontrollen beendet worden. Das gleiche System muss jetzt für die Ausweichrouten angewendet werden“, so der CSU-Politiker. Gleichzeitig will er Österreich logistisch unterstützen.
Amnesty International hat indessen die europäischen Staaten aufgerufen, sich um das Schicksal von 46.000 in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen zu kümmern. Seit der Schließung der Balkanroute säßen die Flüchtlinge unter unwürdigen Bedingungen auf dem griechischen Festland „in der Falle“. Die EU-Staaten hätten die Flüchtlingskrise damit nur verschärft. Sollten die Europäer bei der Umsiedlung der Asylsuchenden keine entschlossene Hilfe leisten, drohe eine humanitäre Katastrophe.
Indessen berichteten griechische Medien unter Berufung auf den stellvertretenden Verteidigungsminister Dimitris Vitsas, dass sich bis Ende kommender Woche die wilden Flüchtlingslager am Hafen von Piräus und im nordgriechischen Grenzort Idomeni leeren sollen. Bereits am Sonntag seien mehr als 1500 Menschen von Piräus mit Bussen in ein staatliches Auffanglager gebracht worden. (TT, APA)