Wortgefecht zwischen Vettel und Kwjat: „Wie ein Torpedo“
Der Red-Bull-Jungspund aus Russland, der die Aufregung wie viele nicht verstehen konnte, attackierte den Ferrari-Pioloten in der ersten Kurve.
Shanghai – Mit seinem Überholmanöver zu Beginn des Formel-1-Rennens in Shanghai hat sich Daniil Kwjat den Ärger von Ferrari-Star Sebastian Vettel zugezogen. „Du bist dahergekommen wie ein Torpedo“, attackierte der Deutsche den Red-Bull-Jungspund aus Russland, der die Aufregung wie viele nicht verstehen konnte. „Das ist Rennsport“, sagte der 21-Jährige. Als Zweiter respektive Dritter landeten beide am Podium.
Der eigentlich Leidtragende der Angelegenheit war Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen. Die beiden Ferraris sowie Kwjat trafen sich unmittelbar nach dem Start vor der ersten Kurve. Der Red-Bull-Pilot zog innen an Vettel vorbei, der wiederum Räikkönen von der Strecke drängte. Am Wagen des Finnen, der von Platz drei gestartet war, wurde der Frontflügel beschädigt und Räikkönen verlor viel Zeit an der Box. Am Ende fuhr er als Fünfter über die Ziellinie.
Für Vettel stand fest, dass er durch das Verhalten von Kwjat dazu gezwungen war, Räikkönen zu touchieren. „Was war mit dir los am Start? Wenn du nach links gehst, fährst du in uns rein und wir fliegen alle drei raus“, konfrontierte ihn der Deutsche im Warteraum direkt. Kwjat ließ sich die Freude über seinen zweiten Podestplatz nach Ungarn 2015, wo er sogar Zweiter gewesen war, aber nicht trüben. „Das ist Rennfahren“, meinte der Russe mit einem breiten Grinsen.
„Kein Rennfahren. Wenn ich diese Linie weiterfahre, kommt es zum Crash“, belehrte ihn Vettel. Schon zuvor hatte er das Manöver via Boxenfunk „selbstmörderisch“ und Kwjat einen „Verrückten“ genannt. „Ich kann nicht durch alle drei Autos hindurch sehen. Ich habe nur zwei Augen“, entgegnete Kwjat.
„Du musste damit rechnen, dass du dein Auto beschädigst, wenn du wie verrückt attackierst. Du hast Glück gehabt diesmal. Ich habe einen Schaden gehabt, Kimi hat einen Schaden gehabt“, ließ Vettel nicht locker. „Ich habe einen Podestplatz gewonnen, du bist am Podium. Alles gut“, kommentierte Kwjat salopp, während Sieger Nico Rosberg den verbalen Schlagabtausch sichtlich amüsiert aus dem Hintergrund verfolgte.
Nachher wiederholte Kwjat seinen Standpunkt noch einmal. „Ich denke, es war ein faires Manöver gegenüber Vettel. Ich habe die Lücke gesehen und bin drauf losgefahren“, sagte er. „Wir haben uns nicht berührt, aber unglücklicherweise für ihn war Kimi auf seiner anderen Seite. Für mich war es ein logisches Manöver, und es hat sich mit dem Podium ausgezahlt.“
Grundsätzlich stand Vettel mit seiner Meinung ziemlich alleine da. Ex-Fahrer und TV-Experte Martin Brundle stützte die Sichtweise von Kwjat. „Das ist Motorsport. Das ist sein Job, und er hat absolut Recht, wenn er sagt, er würde es wieder so machen“, meinte der Engländer. „Ich denke, Sebastian ist frustriert. Es ist ihm peinlich, dass er in seinen Teamkollegen gefahren ist.“
Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko stand verständlicherweise ebenfalls auf der Seite von Kwjat. „Der Sebastian ist ja dem Räikkönen ins Auto gefahren, nicht der Daniil“, betonte der Steirer. Doch auch Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene wollte keinen Schuldigen ausmachen. „Mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist nicht korrekt“, sagte der Italiener. „Ich glaube, Seb (Sebastian; Anm.) oder Kimi würden in Kwjats Position dasselbe tun. Das ist Rennsport, nicht Monopoly.“ (APA/Reuters)