Kronzeugenregelung - Überarbeitung geht in Begutachtung
Wien (APA) - Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will die zu Jahresende auslaufende Kronzeugenregelung leicht modifiziert in die Verl...
Wien (APA) - Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will die zu Jahresende auslaufende Kronzeugenregelung leicht modifiziert in die Verlängerung schicken. Der entsprechende Gesetzesentwurf ist am Dienstag (bis 20. Mai) in Begutachtung gegangen. Zusätzlich sieht die Novelle eine Erweiterung der Beschuldigtenrechte sowie die Zulässigkeit der Diversion bei Todesfolge auch im Erwachsenenstrafrecht vor.
Die „große Kronzeugenregelung“ ist seit 2011 in Kraft und war vorerst bis Ende 2016 befristet. Nun soll sie in überarbeiteter Form endgültig verankert werden. Künftig soll klargestellt sein, dass sie auch weiterhin auf Personen angewendet werden kann, gegen die bereits ermittelt wird. Bei den Informationen des Kronzeugen, die dieser den Strafverfolgungsbehörden offenbart, muss es sich um neue, noch nicht bekannte Tatsachen handeln.
Mit der Kronzeugenregelung erhoffte sich die Justiz einen effizienteren Kampf gegen Korruptions- und Wirtschaftskriminalität. Wer in solchen Fällen sowie bei allen Delikten mit Strafdrohung über fünf Jahren (ausgeschlossen Sexualdelikte und Taten mit Todesfolge) mit den Behörden kooperiert und zur Aufklärung beiträgt, kann einer Anklage entgehen. In der Praxis wurde diese Möglichkeit allerdings nur sehr selten in Anspruch genommen.
Mit dem bereits zweiten Reformpaket zur Strafprozessordnung (StPO) in diesem Jahr - sie soll mit 1. November 2016 in Kraft treten - soll zudem eine EU-Richtlinie bezüglich Rechtsbeistand umgesetzt werden, wobei ein Großteil bereits im ersten StPO-Paket enthalten war. Nun geht es noch um fehlende Bestimmungen, vor allem um den unverzüglichen Zugang zu einem Rechtsbeistand noch vor Befragung durch Polizei oder Justizbehörden. Dazu soll der seit 2008 betriebene rechtsanwaltliche Journaldienst ausgeweitet werden.
Neu ist künftig auch, dass ein Beschuldigter, der zuvor ausdrücklich auf sein Recht auf Rechtsbeistand verzichtet hat, nach seiner Einlieferung in die Justizanstalt erneut darüber informiert werden muss, dass er diesen Verzicht jederzeit widerrufen kann.
Die dritte Neuerung betrifft die Diversion, also die außergerichtliche Beilegung von Strafverfahren. Bei Jugendlichen ist sie seit 2008 bei fahrlässiger Tötung möglich. Nun soll dies auch im Erwachsenenstrafrecht gelten, wenn durch die Tat ein Angehöriger des Beschuldigten fahrlässig getötet wurde. Voraussetzung dafür ist, dass der Tod des Angehörigen beim Beschuldigten eine schwere psychische Belastung verursacht hat und eine Bestrafung daher nicht geboten erscheint. Zudem darf die Tat nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sein, und es darf sich nicht um eine schwere Schuld des Beschuldigten handeln.