Neuer Finanzrahmen im Zeichen der Flüchtlingskrise
Wien (APA) - Die Regierung hat am Dienstag ihre Finanzplanung bis 2020 vorgelegt - und die steht klar im Zeichen der Flüchtlingskrise: Mehr ...
Wien (APA) - Die Regierung hat am Dienstag ihre Finanzplanung bis 2020 vorgelegt - und die steht klar im Zeichen der Flüchtlingskrise: Mehr Geld gibt es für Integration, Innen- und Verteidigungsministerium. Ebenfalls Teil des Zahlenwerks: Eine Langfristprognose bis zum Jahr 2060. Aufhorchen ließ Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) mit offener Kritik am Heerespaket.
Schelling machte vor dem Ministerrat deutlich, dass er die deutliche Aufstockung des Heeresbudgets von sich aus nicht vorgenommen hätte: „Es war der Wunsch des Parlaments, es war der Wunsch der Regierung.“ Hätte man ihn gefragt, hätte er das Geld vielleicht anders verwendet, so der Ressortchef und schob noch nach, dass die tatsächliche Freigabe zur Mittel erst beim Budget im Herbst erfolgen wird.
Auch über das Ausmaß der Aufstockung gab es ein kleines Scharmützel: Während sich Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) schon vor der offiziellen Präsentation des Finanzrahmens über ein Plus von 1,3 bzw. einer Mrd. Euro über die kommenden fünf Jahre gefreut hatten, rückte Schelling die Zahlen zurecht. „Ich habe Budgetzahlen zu präsentieren und nicht Jubelmeldungen zu verbreiten“, kommentierte der Finanzminister trocken und wies selbst deutlich geringere Steigerungen von 896 bzw. 625 Mio. Euro aus (der Rest entfällt u.a. auf bereits vereinbarte Maßnahmen, Grenzmanagement und Assistenzeinsatz).
Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) strichen nach der Regierungssitzung die Investitionen in die Sicherheitspolitik hervor. „Wir haben eine sehr, sehr positive Perspektive und Performance“, betonte Mitterlehner.
Tatsächlich ist vor allem das Jahr 2015 deutlich besser als erwartet gelaufen: Erstmals konnte Österreich einen kleinen strukturellen Überschuss nach Brüssel melden. Für heuer kann die Vorgabe eines (um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte bereinigten) „strukturellen Defizits“ von maximal 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung aber nur eingehalten werden, wenn die Kosten der Flüchtlingskrise als Einmaleffekt berücksichtigt werden. Weil das nach jetziger Planung 2017 nicht mehr erlaubt ist, droht nächstes Jahr ein Minus von 1,0 Prozent des BIP - deutlich über der erlaubten Höchstgrenze.
Einen Budgetrüffel aus Brüssel erwartet Schelling dennoch nicht, weil die unerwartet gute Bilanz des Vorjahres als „Guthaben“ angerechnet werden kann. Generell beklagte Schelling allerdings die Ungleichbehandlung Österreichs gegenüber größeren EU-Ländern wie Frankreich, die mit deutlich größeren Defiziten ohne Brüsseler Verwarnung davonkommen.
Aufgestockt wird in den kommenden Jahren die Entwicklungshilfe, mehr Geld gibt es heuer und 2017 für Integration. Insgesamt 500 Mio. Euro sollen in Sprachkurse und Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge fließen - wobei Schelling letztere besonders skeptisch sieht: Er geht davon aus, dass nur zehn Prozent kurzfristig einen Job finden, der Rest werde vorerst in der Mindestsicherung landen. Keine weitere Belastung über die vorgesehenen 3,2 Mrd. Euro hinaus erwartet die Regierung bis 2020 durch die Bankenkrise.
Grüne und NEOS kritisierten am Dienstag, dass die „strukturelle Lücke“ im Bildungsbudget vorerst nicht geschlossen wird. Hier will die Regierung die Situation erst nach Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen im Herbst neu bewerten.
Im Parlament vorgestellt und erstmals debattiert wird der Finanzrahmen am Mittwoch.
Mit der bis 2020 reichenden Finanzplanung wurde heuer auch die zweite Langfristprognose der Staatsfinanzen vorgelegt. Sie reicht bis 2060 und sagt angesichts der alternden Gesellschaft stark steigende Kosten für Gesundheit (von 7,3 auf 9,3 Prozent des BIP) und Pflege (von 1,8 auf 3,4) voraus. Die Pensionskosten sollen dagegen bis 2030 nur noch leicht ansteigen (von 14,1 auf 14,6 Prozent des BIP) und sich dann stabilisieren. Die Staatsschulden sollen demnach bis 2035 unter die 60 Prozent-Marke sinken.