Jihadismus - 15-Jähriger erneut in St. Pölten vor Gericht
St. Pölten (APA) - Ein 15-jähriger mutmaßlicher Jihadist musste sich am Donnerstag erneut in St. Pölten vor Gericht verantworten. Er wurde b...
St. Pölten (APA) - Ein 15-jähriger mutmaßlicher Jihadist musste sich am Donnerstag erneut in St. Pölten vor Gericht verantworten. Er wurde bereits im Mai 2015 verurteilt und sitzt nach seiner bedingten Haftentlassung seit Jänner wieder in U-Haft. Der Angeklagte war laut seinem Verteidiger geständig, Propaganda für den IS gemacht zu haben, bestritt aber, andere für die Terrormiliz angeworben zu haben.
Die Öffentlichkeit wurde - mit Rücksicht auf das Fortkommen des 15-Jährigen - nach den Eröffnungsvorträgen ausgeschlossen. „Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt“, sagte Staatsanwalt Michael Lindenbauer. Verteidiger Rudolf Mayer verwies darauf, dass sein Mandant in Österreich „entgegen seiner Begabung“ die Sonderschule besucht hatte. „Ein Erlebnis genügt, um sich diskriminiert zu fühlen. Das ist ein Nährboden für extremistische Handlungen“, meinte der Rechtsanwalt.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, nach seiner bedingten Haftentlassung zwischen Juni und November 2015 als Mitglied am „Islamischen Staat“ (IS) beteiligt gewesen zu sein, und er habe drei Personen von der IS-Ideologie überzeugen wollen. Einer Person soll er laut Staatsanwaltschaft „in einem regen Chatverkehr“ via WhatsApp Propagandabilder und -videos übermittelt haben. Dem Angeklagten drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Der Jugendliche bekannte sich laut Mayer schuldig, Propagandamaterial via WhatsApp übermittelt zu haben. Nicht geständig war der 15-Jährige demnach zum Vorwurf, dass er andere zum IS bekehren wollte. „Zwei der drei waren genauso wie er vom IS überzeugt, sie haben sich ausgetauscht“, sagte der Verteidiger. „Die Kernfrage ist: Hat er sie zu überzeugen versucht oder waren sie schon überzeugt?“, so Mayer in seinem Eröffnungsvortrag. Mit der dritten Person habe der Angeklagte nicht gesprochen.
Der 15-Jährige gab an, mit fünf Jahren nach Österreich gekommen zu sein. 2014 habe sich der Angeklagte radikalisiert, sagte der Staatsanwalt. Weisungen bei der ersten Verurteilung im Mai 2015 und engmaschige Kontrollen durch die Bewährungshilfe „sind erfolglos geblieben“, sagte Lindenbauer. Der Jugendliche habe weiterhin an der IS-Ideologie festgehalten. Bereits kurz nach der bedingten Haftentlassung 2015 habe er wieder Propaganda für die Terrororganisation gemacht. Der Staatsanwalt sprach von vier Zeugen, die den Beschuldigten insofern belasten würden, dass er seine Einstellung gegenüber dem IS nicht geändert habe. Am Vormittag wurden mehrere Zeugen einvernommen.
Bei einer Auswertung des Handys seien Propagandabilder und -videos gefunden worden. Kurz vor dem Ermittlungsverfahren hat der Jugendliche laut Lindenbauer sein Handy auf Werkseinstellung zurückgesetzt. Es sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte Propagandamaterial beseitigen wollte, sagte der Staatsanwalt. Auch auf Youtube hat der Jugendliche laut Anklagebehörde nach Propagandavideos gesucht.
Der Verteidiger sprach sich außerdem gegen einen Widerruf der bedingten Nachsicht von 16 Monaten sowie der bedingten Entlassung aus der Haft im Ausmaß von zwei Monaten und 20 Tagen aus. Mayer betonte, dass die Delikte in diesem Prozess geringfügiger seien als bei der Verhandlung im Mai 2015. Damals lautete die Anklage, dass sich der Jugendliche mit Plänen befasst hatte, den Wiener Westbahnhof zu sprengen und im Internet nach Anleitungen zum Bau von Sprengvorrichtungen gesucht hatte.