Kämpfe in Aleppo trotz UN-Appells zur Waffenruhe wieder aufgeflammt

Aleppo/Genf (APA/AFP/Reuters/dpa) - Trotz eines eindringlichen Appells der UNO zur Einhaltung der Waffenruhe in Syrien sind die Kämpfe in de...

Aleppo/Genf (APA/AFP/Reuters/dpa) - Trotz eines eindringlichen Appells der UNO zur Einhaltung der Waffenruhe in Syrien sind die Kämpfe in der Metropole Aleppo wieder dramatisch aufgeflammt. Bei Angriffen sowohl der Regierungstruppen als auch der Aufständischen wurden in der Nacht zum Donnerstag sowie am Vormittag fast 70 Menschen getötet, wie Aktivisten mitteilten.

Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura drängte die USA und Russland zu einer neuen Initiative für eine Feuerpause.

Allein in der Nacht seien durch Angriffe der Regierungstruppen auf ein Krankenhaus und einen Wohnkomplex im Viertel Sukkari 30 Menschen getötet worden, teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Der Bezirk wird von den Rebellen gehalten. Unter den Toten waren demnach auch der letzte in den Rebellenvierteln praktizierende Kinderarzt sowie ein Zahnarzt und drei Krankenschwestern. Das Spital Al-Quds (arabisch: „Jerusalem“) wird von der Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) unterstützt.

Am Donnerstagvormittag dann gab es in beiden Teilen der umkämpften Stadt sowohl neue Angriffe der Regierungstruppen als auch der Rebellen auf gegnerische Viertel. Dabei wurden insgesamt 38 Zivilisten getötet, wie die in dem Bürgerkriegsland umfangreich vernetzte Beobachtungsstelle mitteilte. Die Angaben der Organisation sind allerdings von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.

Eigentlich gilt seit Ende Februar eine Feuerpause zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Nachdem die Waffen zunächst weitgehend geschwiegen hatten, waren vor allem in Aleppo die Kämpfe zuletzt wieder aufgeflammt. Ausgenommen von der Waffenruhe sind Angriffe auf Extremisten.

Wie die regierungsnahe Zeitung „Al-Watan“ am Donnerstag berichtete, bereitet die Regierung eine Großoffensive zur kompletten Rückeroberung von Aleppo und Umgebung vor. Die einstige Wirtschaftsmetropole ist seit Jahren geteilt. In einem Leitartikel hieß es, es sei nun „an der Zeit, eine Schlacht zur kompletten Befreiung von Aleppo zu beginnen“. Es sei auch „kein Geheimnis“, dass die syrische Armee die Offensive gemeinsam mit ihren Verbündeten vorbereite.

Aus dem Umfeld der syrischen Führung verlautete ebenfalls, die Armee bereite eine Offensive vor, die schon „in den kommenden Tagen“ beginnen könne. Ziel sei es, die Stadt einzukreisen und eine Sicherheitszone zu errichten und so die Rebellen aus Aleppo zu vertreiben, sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.

Der UN-Gesandte de Mistura forderte in der Nacht zum Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Genf, die Waffenruhe „dringend wiederzubeleben“, bevor im Mai die nächste Runde der Friedensgespräche beginne. Washington und Moskau müssten mit einer neuen Initiative auf höchster Ebene für eine Einhaltung der Waffenruhe sorgen, sagte de Mistura. Zuvor hatte er den UN-Sicherheitsrat über den Stand der Verhandlungen informiert.

„Wie kann man substanzielle Gespräche führen, wenn es nur Nachrichten über Bomben und Artilleriebeschuss gibt?“, sagte de Mistura nun zu der wieder eskalierenden Gewalt. Einen genauen Termin für die Fortsetzung der Genfer Gespräche wolle er erst festlegen, wenn die Waffenruhe wieder eingehalten werde. Die Friedensgespräche zwischen der Regierung von Präsident Bashar al-Assad und der Opposition unter UN-Vermittlung waren angesichts der erneuten Kämpfe ins Stocken geraten.

Besonders umstritten ist Assads politische Zukunft. Während das Oppositionsbündnis HNC einen Rückzug Assads von der Macht fordert, bestehen die Regierungsvertreter darauf, dass diese Frage nicht zur Disposition steht.

Die medizinische und humanitäre Situation in Syrien droht sich nach Angaben der Vereinten Nationen massiv zu verschlechtern. „In den nächsten Stunden und Tagen steht unglaublich viel auf dem Spiel“, sagte der UN-Nothilfe-Experte Jan Egeland am Donnerstag in Genf. Alle Erfolge zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung könnten wieder zunichte gemacht werden. Trotz der Waffenruhe würden viele Menschen getötet und verletzt. „Keine andere Gruppe wird so unter Feuer genommen wie Ärzte und Sanitäter.“ Auch würden Ärzte daran gehindert, Verletzten und Kranken zu helfen, sagte der UN-Experte.

Zwar habe in den belagerten Regionen zuletzt mehr als die Hälfte der dortigen Bevölkerung versorgt werden können. Aber es hänge von der Entwicklung in allernächster Zeit ab, ob es zu einem „katastrophalen Monat“ komme, sagte Egeland.

(NEU: erneute Angriffe in Aleppo, Regierung plant laut „Al-Watan“ Großoffensive auf Aleppo)

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