Syrien-Krieg

Mindestens 30 Tote nach Luftangriffen auf Klinik in Aleppo

Der Kampf um Aleppo bringt enormes Leid über die eingeschlossene Zivilbevölkerung.
© AFP/Ameer Alhalbi

Seit Tagen eskaliert die Gewalt in Syrien - ungeachtet der eigentlich geltenden Waffenruhe. Und wieder sterben Dutzende Menschen bei einem Angriff auf ein Krankenhaus. Unter den Opfern: Patienten und Ärzte.

Aleppo – Bei Luftangriffen auf ein Krankenhaus in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo sind trotz einer eigentlich geltenden Waffenruhe Dutzende Menschen getötet worden. Rettungshelfer vor Ort berichteten am Donnerstag von mindestens 30 Toten und 50 Verletzten bei dem Bombardement der Klinik, die ein wichtiges Zentrum für Kinderheilkunde beherbergte. Die USA nannten die Angriffe abscheulich.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von mindestens 27 Toten, darunter seien mindestens drei Kinder sowie einer der letzten Kinderärzte in dem Bezirk. Ärzte ohne Grenzen (MSF) zufolge starben in dem von der Organisation unterstützten Krankenhaus allein 14 Patienten und Ärzte.

„Dieser schlimme Angriff hat ein unverzichtbares Krankenhaus in Aleppo und das wichtigste Zentrum für Kinderheilkunde in der Gegend zerstört“, teilte der MSF-Leiter inSyrien, Muskilda Sankada, mit. Die Al-Kuds-Klinik im Stadtteil Al-Sukari werde von MSFmit medizinischer Ausstattung versorgt. Aktivisten aus der Region sprachen sogar von 50 Todesopfern bei den Angriffen auf die Klinik am Mittwochabend. Anderswo in der Stadt seien mindestens 20 weitere Zivilisten in von der Opposition kontrollierten Gebieten umgekommen, so die Menschenrechtsbeobachter.

Vermisste unter Trümmern

Von wem die Bombardements ausgeführt wurden, blieb zunächst unklar. Die Opposition beschuldigte das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und seinen Verbündeten Russland. Ein Vertreter des syrischen Militärs bestritt nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, dass die Klinik von Flugzeugen der syrischen Regierung bombardiert worden sei. Das Verteidigungsministerium in Moskau wies der Agentur Interfax zufolge Berichte zurück, wonach russische Kampfflugzeuge an den Bombardements beteiligt gewesen sein sollen.

US-Außenminister John Kerry erklärte, es sehe alles nach einer absichtlichen Attacke auf eine bekannte medizinische Einrichtung aus. Er wiederholte seine Forderung an die Adresse Russlands, alles dafür zu tun, damit sich das syrische Regime an die Waffenruhe halte.

Den Rettungshelfern zufolge traf das Bombardement auch umliegende Gebäude, in denen medizinisches Personal untergebracht war. Es würden noch Menschen unter den Trümmern vermisst. Videoaufnahmen zeigten zerstörte Häuserfronten, brennende Gebäude und Helfer, die Leichen und Verletzte wegtrugen.

Angriffe auf Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen haben sich Analysten zufolge zu einer Kriegstaktik in Syrien entwickelt. Bei einem Angriff im Februar auf mindestens fünf Krankenhäuser und zwei Schulen waren nach UN-Angaben fast 50 Menschen ums Leben gekommen.

Aleppo gilt als das wichtigste Schlachtfeld in dem seit mehr als fünf Jahren andauernden Konflikt. Die Stadt wird teilweise von Einheiten Assads, teils von Rebellengruppen kontrolliert. Das Regime versucht, die letzte Nachschubroute der Aufständischen zu kappen und diese damit in Aleppo einzuschließen.

UNO-Appell zur Waffenruhe

Eigentlich gilt seit Ende Februar eine Feuerpause zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Von ihr ausgenommen sind Angriffe auf islamistische Extremisten. Trotz wiederholter Verletzungen hielt die Waffenruhe bisher, doch droht sie nun zu scheitern. Der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura forderte in der Nacht zum Donnerstag in Genf, die Waffenruhe „dringend wiederzubeleben“, bevor im Mai die nächste Runde der Friedensgespräche beginne. Washington und Moskau müssten mit einer neuen Initiative auf höchster Ebene für ihre Einhaltung sorgen.

Einen genauen Termin für die Fortsetzung der Genfer Gespräche wolle er erst festlegen, wenn die Waffenruhe wieder eingehalten werde, sagte de Mistura. Die Friedensgespräche zwischen der Regierung von Präsident Bashar al-Assad und der Opposition waren angesichts der erneuten Kämpfe ins Stocken geraten.

Der UNO-Nothilfekoordinator Stephen O‘Brien rief am Donnerstag ebenfalls dazu auf, dem Leiden der Menschen in Syrien ein Ende zu setzen. „Wir sollten uns alle dafür schämen, was unter unseren Augen geschieht“, sagte O‘Brien bei einem Treffen des UN-Sicherheitsrats zur humanitären Krise in dem Bürgerkriegsland.

Nach seinen Angaben nahm die Gewalt in den vergangenen Wochen nicht nur in Aleppo wieder zu, sondern auch in anderen Teilen des Landes. So hätten die Regierungstruppen am Donnerstag erstmals seit Beginn der Waffenruhe ihre Luftangriffe auf die Region Daraa wiederaufgenommen.

Nach wie vor warteten die Vereinten Nationen auf das grüne Licht von Damaskus, um 35 Orte mit dringend benötigten Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen, sagte O‘Brien. Nach seinen Worten konfiszierten syrische Behörden Medikamente und medizinisches Material aus UNO-Konvois für die von Rebellen kontrollierten Orte Kafr Batna und Rastan. (APA/AFP)

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