Hochkarätig besetzt und testosteron-getränkt: „Triple 9“

Wien/Hollywood (APA) - Wem Atlanta bisher nicht als eine der gefährlichsten US-Städte geläufig war, der gewinnt diesen Eindruck spätestens b...

Wien/Hollywood (APA) - Wem Atlanta bisher nicht als eine der gefährlichsten US-Städte geläufig war, der gewinnt diesen Eindruck spätestens bei diesem Film: Im Actionthriller „Triple 9“, der am Donnerstag in unseren Kinos startet, regiert die Gewalt - von rivalisierenden Gangs, der Russenmafia und korrupten Polizisten. Serviert wird sie von Regisseur John Hillcoat mit hochkarätigem Ensemble und überladener Handlung.

Eigentlich hätte es ihr letzter großer Banküberfall werden sollen: Gemeinsam mit den Kriminellen Michael (Chiwetel Ejiofor), Russell (Norman Reedus) und dessen Junkie-Bruder Gabe (Aaron Paul) stehlen die korrupten Polizisten Marcus (Anthony Mackie) und Franco (Clifton Collins, Jr.) spektakulär ein Bankschließfach, dessen Inhalt die kürzliche Inhaftierung des russischen Mafiabosses Vlaslov kippen könnte. Doch die Frau des Mafiosos, Irina (Kate Winslet), weigert sich zu zahlen, ehe die Truppe einen weiteren, unmöglich scheinenden Auftrag erfüllt: den Einbruch in ein Regierungsgebäude, das weitere Daten über ihren Mann lagert. Ein ermordeter Russell dient als Beweis, wie ernst es der „Zarin“ damit ist.

Als einzigen Weg, die Arbeit zu erledigen, sehen die Männer den Polizeicode „999“: Der steht für einen getöteten Polizisten, und lässt bei Auslösen sämtliche Einsatzfahrzeuge der Stadt anrücken. Damit sie also ungestört im streng bewachten Gebäude werken können, muss ein Polizist andernorts sterben. Als perfektes Opfer erscheint ihnen Marcus‘ neuer Partner Chris (Casey Affleck), ein naiver Idealist, der dank seines Onkels, Polizeichef Jeffrey Allen (Woody Harrelson), in das gefährlichste Viertel der Stadt versetzt wurde. Doch als der in die gelegte Falle tappen soll, geht etwas schief - und der Plan für keinen Beteiligten so aus, wie gedacht...

Allein die Dichte an prominenten, großartigen Schauspielern in „Triple 9“ ist beachtlich. Vor allem Affleck („Gone Baby Gone“) sticht in der Rolle des plan-, aber auch furchtlosen Neulings hervor, und Winslet („Steve Jobs“) ist in der für sie untypischen Rolle der skrupellosen Interimsmafiachefin schlicht ein Genuss. Aber auch das beste Ensemble reißt einen Film mit derart vielen Schwachstellen nicht raus: Drehbuchautor Matt Cook stolpert über allzu viele Handlungsfäden, Verstrickungen und Figuren; die Geschichte ist wirr und inkohärent, die Charakterzeichnung geht nicht über Klischees hinaus und die konfliktreiche Zweigleisigkeit von Cops im kriminellen Sumpf wird kaum herausgearbeitet. Nebenhandlungen wie das Drama um Michaels gemeinsamen Sohn mit Irinas Schwester (gespielt von „Wonder Woman“ Gal Gadot) wirken willkürlich, Woody Harrelsons Darstellung des zynischen, alkoholkranken, schrägen Polizisten verkommt zu einer Art Selbstparodie.

Gebettet wird all das in eine trostlose, brutale Welt, in der Gang-Posen reichlich tätowierter Mexikaner wie Deko wirken. Stellenweise kommen zumindest Actionfans auf ihre Kosten: Es geht in Videospielmanier wummernd-laut, rasant und testosteron-getränkt zu, die Verfolgungsjagden sind beeindruckend inszeniert und die Schusswechsel zahlreich. Eine Kameraeinstellung aus der Vogelperspektive von den Autobahnumwindungen Atlantas, über die nach dem „Triple 9“-Code Wägen mit Blaulicht rasen, bleibt im Gedächtnis. Am Ende aber kann der australische Regisseur John Hillcoat („The Road“) nicht einlösen, was er mit seinem Cast verspricht. Denn das, was ihm gelingt, hat man in Film und Fernsehen wahrlich schon genug gesehen - und zwar besser.

(S E R V I C E - http://triple9movie.com)