Kampf gegen IS

Großoffensive auf IS-Hochburg Falluja: Sorge um 50.000 Zivilisten

Schiitische Kämpfer in Gefechten mit dem IS. Dass die Offensive länger dauern wird, war erwartet worden. Die Terrormiliz konnte sich lange auf den Angriff vorbereiten.
© REUTERS

Unterstützt von der US-Luftwaffe drangen erste Einheiten in die Stadt 50 Kilometer westlich von Bagdad ein. Die Sorge um die Zehntausenden in Falluja festsitzenden Zivilisten steigt.

Falluja/Tabqa/Bagdad - Unterstützt von der US-Luftwaffe hat das irakische Militär am Montag mit der Erstürmung von Falluja, einer Hochburg der Extremisten-Miliz „Islamischer Staat“, begonnen. Erste Einheiten drangen in den südlichen Teil der Stadt 50 Kilometer westlich von Bagdad ein, wie die Armee bekannt gab. Die Truppen kämpften sich offiziellen Angaben zufolge in Richtung des Zentrums vor.

Elitesoldaten der Einheit CTS, Polizeikräfte und irakische Regierungstruppen hätten Falluja gegen 04.00 Uhr nachts (03.00 Uhr MESZ) aus drei Richtungen angegriffen, sagte Kommandant Abdelwahab al-Saadi. CTS-Sprecher Sabah al-Norman bestätigte die Angaben. Die CTS-Einheit zählt zu den am besten ausgebildeten Soldaten der irakischen Streitkräfte.

In der Stadt droht den Soldaten ein gefährlicher Häuserkampf. 2004 war Falluja schon einmal Schauplatz blutiger Kämpfe, als die US-Truppen dort eine ihrer schwersten Schlachten seit dem Vietnam-Krieg führten.

IS hindert Zivilisten an der Flucht

Die Offensive auf das vom Militär eingekesselte Falluja begann vor einer Woche und löste bei Hilfsorganisationen Besorgnis aus. In der IS-Hochburg sind mehr als 50.000 Zivilisten mit nur äußerst begrenztem Zugang zu Trinkwasser, Nahrungsmitteln und ärztlicher Versorgung eingeschlossen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen hindert der IS die verbliebenen Bewohner daran, die Stadt zu verlassen. Diejenigen, denen dennoch die Flucht gelang, berichteten nach UNO-Angaben, dass einige Menschen bereits verhungert seien.

Falluja wird seit Jänner 2014 vom IS beherrscht und ist nach Mossul die wichtigste Bastion der sunnitischen Jihadisten im Irak. In den vergangenen Tagen hatten regierungstreue Einheiten die Stadt zunehmend eingekreist. In den vergangenen Monaten verlor der IS eine Reihe wichtiger Städte in der Region im Westirak, darunter die Provinzhauptstadt Ramadi.

Auch Rückeroberung Mossuls als Ziel

Die irakische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, auch die vom IS besetzte Millionenstadt Mossul noch in diesem Jahr zurückzugewinnen. Eine Rückeroberung dürfte aber nach jüngsten Anzeichen noch einige Zeit auf sich warten lassen. In der aktuellen Ausgabe der deutschen Wochenzeitung „Der Spiegel“ wird der Chefberater von US-Präsident Barack Obama für den Krieg gegen die IS-Miliz, Brett McGurk, mit den Worten zitiert: „Wir sind noch nicht an dem Punkt, dass der Vorstoß auf Mossul beginnen kann.“

Die Militäroffensive auf Falluja ist umstritten, weil an dieser auch starke schiitische Milizverbände beteiligt sind. In Falluja und der dazugehörigen Provinz Anbar leben jedoch vor allem Sunniten. Die Spannungen zwischen den beiden großen muslimischen Konfessionen sind im Irak seit langem groß, weil sich die sunnitische Minderheit von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert fühlt. Davon profitiert die sunnitische IS-Miliz, die sich den Unmut zunutze macht.

IS mit Landgewinnen in Syrien

Auch im benachbarten Syrien hatte der IS große Landesteile eingenommen. Am Montag geriet die Extremisten-Organisation aber in der Nähe ihrer De-Facto-Hauptstadt Raqqa in Bedrängnis. Ein von den USA unterstütztes Milizen-Bündnis nahm die Region rund um Tabqa ins Visier, das 60 Kilometer von Raqqa entfernt am Fluss Euphrat liegt.

Die irakische Hauptstadt Bagdad wurde untdessen am Montag erneut Ziel einer Anschlagserie, bei der nach unterschiedlichen Angaben 14 bis 20 Menschen getötet und bis zu 50 weitere verletzt wurden. Wer hinter den Taten stand, war zunächst unklar. Zuletzt hatte der IS die Verantwortung für zahlreiche Attentate in und um Bagdad übernommen, bei denen Dutzende Menschen umkamen. (APA/Reuters/dpa/AFP)

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