Sobotka will Vorwürfe prüfen, Debatte über Wahlrechtsreform
Innenminister Wolfgang Sobotka äußerte sich erstmals zu den Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen. Indes wurden neue Vorwürfe bekannt.
Helfenberg/Wien — Innenminister Wolfgang Sobotka versprach am Montag auf einer Pressekonferenz, jedem noch so kleinen Vergehen oder Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenwahl nachgehen zu wollen. Die Bevölkerung müsse darauf vertrauen können, dass die Transparenz in jedem Fall gewährt bleibe.
In vier Kärntner und einem Steirer Bezirk seien Anzeigen erfolgt bzw. die Thematik an die Staatsanwaltschaft übergeben worden. Ob das Wahlergebnis dadurch beeinflusst worden sei, hätten nicht die Behörden zu klären, sondern das Gericht, meinte Sobotka.
Frühere Auszählung "gehörige Portion von Unverfrorenheit"
Allgemein lobte Sobotka das österreichische Wahlrecht. Bezugnehmend auf die steirischen Bezirke, in denen die Auszählung der Wahlkarten bereits am Vorabend begonnen wurde, ließ der Innenminister jedoch einen Rechtsbruch anklingen. Wenn ein solcher noch dokumentiert werde, sei das eine „gehörige Portion von Unverfrorenheit". In diese Bezirken wurde zu früh mit der Auszählung der Wahlkarten begonnen. Hier will Sobotka mit Schulungen entgegen wirken. Mit dem besten Wahlrecht könne man nicht gegen solche Missachtungen des Gesetzes ankommen, meinte Sobotka. Jedoch hätten in allen fünf der angezeigten Fälle auch die FPÖ-Beisitzer unterschrieben, bekräftigte Wahlleiter Robert Stein.
Die Wahlleiter der Länder und Bezirke seien auch diesmal im Vorfeld zu einer Konferenz eingeladen gewesen, meinte Sobotka. Experten hätten hier das Wahlrecht erklärt. In jeden Sprengel wäre zudem ein Leitfaden geschickt worden, worin alles vorhanden sei, was man zum Wahlrecht wissen müsse. Darin sei auch etwa geschrieben, dass die Wahlkarten am Montag um 9 Uhr ausgezählt werden müssen. „Und nicht schon vorher, wie das vorgekommen ist", sagte Sobotka. Gleichzeitig erinnerte er jedoch auch daran, wie viele Wahlhelfer an der Wahl beteiligt gewesen seien — und korrekt gearbeitet hätten.
Ansonsten, etwa in Linz, sei hingegen nur ein Schreibfehler entstanden, habe eine Überprüfung ergeben. Durch Briefwahlkarten könnte zudem die Wahlbeteiligung auch über hundert Prozent steigen, erklärte der Minister — „wenn etwa zwei Ausflugsbusse unterwegs sind". Briefwahlkarten können auch in Wahllokalen abgegeben werden.
Stein: Verfassungsgericht muss über Anfechtung entscheiden
Dass Wahlleiter Robert Stein parteiisch sein sollte, wie ihm aufgrund seiner Parteizugehörigkeit vorgeworfen wurde, wies Sobotka „auf das Schärfste" zurück.
Der Verfassungsgerichtshof muss im Fall einer Anfechtung entscheiden, ob angezeigte Vorgänge einen Rechtsbruch darstellen und ob diese rechnerisch Einfluss auf das Ergebnis hatten, erläuterte Wahlleiter Robert Stein. Wenn beide Bedingungen erfüllt seien, würden Maßnahmen gesetzt. Bei den bislang im Raum stehenden Vorwürfen sei dies jedoch nicht zu erwarten, so Stein. Laut dem Leiter der Wahlabteilung im Ministerium geht es um 16.000 bis 17.000 Stimmen. Der Abstand zwischen Wahlsieger Alexander Van der Bellen (Grüne) und Wahlverlierer Norbert Hofer (FPÖ) betrug aber rund 31.000 Stimmen. Es sei jedoch das Recht einer jeden Fraktion, die Wahl zu beeinspruchen, so Stein.
Für die Zukunft würden Reformvorschläge diskutiert werden, etwa was die Auszählung betrifft. Zudem forderte der Innenminister ein zentrales Wählerregister. Zudem sollen Beisitzer eine verpflichtende Schulung absolvieren müssen. Dies will Sobotka jedoch mit allen Parlamentsparteien und dem Gemeinde- und Städtebund sowie den Wahlleitern diskutieren.
Ungültige Stimmzettel in Oberösterreich zerrissen
Wie am Montag bekannt wurde, soll es auch in Helfenberg und Ahorn (Bezirk Rohrbach) bei der Bundespräsidenten-Stichwahl zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Die oberösterreichische FP-Landtagsabgeordnete Ulrike Wall beklagt, dass in Helfenberg der Bürgermeister drei Stimmzettel zerrissen habe. In Ahorn konnte eine Frau nicht wählen, da sie irrtümlich als Briefwählerin registriert worden war, wurde Wall in den „Oberösterreichischen Nachrichten" am Montag zitiert.
Der schwarze Helfenberger Bürgermeister hatte als Wahlleiter mit der schriftlichen Zustimmung von ÖVP, SPÖ und FPÖ jene Stimmzettel vernichtet, nachdem die Anzahl der abgegebenen Stimmen nicht mit den registrierten Wählern übereinstimmte. Obwohl alle Wähler im Wahllokal zweifach registriert gewesen waren - elektronisch und auf Papierlisten - waren am Schluss drei Stimmzettel zu viel, bestätigte Bürgermeister Stefan Hölzl (ÖVP).
Die Parteien einigten sich vor Auszählung darauf, drei ungültige Stimmen aus der Wertung zu nehmen, um das Wahlergebnis nicht zu verändern, hieß es weiter in den „Oberösterreichischen Nachrichten".
Bürgerin durch Fehler am Wählen gehindert
In Ahorn waren zwar die Listen korrekt geführt, jedoch konnte eine Frau ihr Wahlrecht nicht ausüben, Sie hatte im ersten Durchgang mit Wahlkarte votiert, zum zweiten kam sie aber ins Wahllokal. Dort war sie aber erneut als Briefwählerin gekennzeichnet. „Folglich durfte sie nicht wählen", klagte Wall über Ungereimtheiten in ihrer Heimatgemeinde. „Sowas soll und darf nicht vorkommen, wo Menschen arbeiten, passiert es aber trotzdem", bedauerte Bürgermeister Josef Hintenberger (ÖVP) in dem Zeitungsbericht.
Innenminister Wolfgang Sobotka wird am Montag um 11 Uhr erstmals zu den Unregelmäßigkeiten Stellung nehmen. Die Vorwürfe betreffen Bezirke in Südösterreich und nun offenbar auch Oberösterreich. Hier sollen Wahlkarten zu früh ausgezählt worden sein. Sobotka wird gemeinsam mit Wahlleiter Robert Stein vor die Presse treten. (mats/APA)