Österreichs Geologen weltweit zu Wasser und Land als Maulwürfe aktiv
Wien (APA) - Wenn irgendwo auf der Welt tief in einen Meteoritenkrater, Flussablagerungen oder den Meeresboden gebohrt wird, sind österreich...
Wien (APA) - Wenn irgendwo auf der Welt tief in einen Meteoritenkrater, Flussablagerungen oder den Meeresboden gebohrt wird, sind österreichische Forscher im Rahmen internationaler Programme höchstwahrscheinlich dabei. Über diese Projekte und neue Erkenntnisse daraus referieren sie Montag bei einer Konferenz in Wien. Dabei geht es auch darum, wie schwer es hierzulande ist, Geldmittel dafür aufzutreiben.
Zu den angesehensten internationalen geologischen Großprogrammen zählen das „International Continental Scientific Drilling Program (ICDP)“ und das „International Ocean Discovery Program (IODP)“. Österreich ist seit 2001 bzw. 2004 mit von der Partie - für recht symbolische Mitgliedsbeiträge von 50.000 Dollar bzw. 100.000 Dollar (44.700 bzw 89.350 Euro), erklärte Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien und Obmann der Kommission für Geowissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der APA.
Durch die Beteiligung sind österreichische Forscher bei vielen großen Projekten dabei, oft sogar als Hauptverantwortliche, und der wissenschaftliche Rückfluss sei für diese Summen „sehr ordentlich“, meint der Geochemiker. Köberl hat etwa 2004 mit Kollegen die vom ICDP geförderten Bohrungen im Bosumtwi Krater in Ghana geleitet. Dabei habe man einerseits viel über den Meteoriteneinschlag (Impakt) erfahren, der den Krater verursacht hat, andererseits durch die Ablagerungen auch über die Klimaentwicklung in dieser Region, von der bis dato nicht viel bekannt war. Etliche wissenschaftliche Publikationen sind daraus entstanden, über 40 davon mit österreichischer Beteiligung.
Köberl war ebenfalls an einer Bohrung 2005-2006 durch einen völlig von jüngerem Gestein zugedeckten Impaktkrater im Chesapeake Bay (USA) beteiligt - 20 Publikationen mit österreichischen Autoren waren die Ernte. In einem weiteren Projekt in China, der „Songliao“-Bohrung untersuchte er mit Kollegen Ablagerungen, die von See- und Flusssedimenten stammen und nicht wie meist von Meeresablagerungen. Diese Schichten bilden die komplette Kreidezeit ab, inklusive der Kreide-Tertiär-Grenze, wo der Einschlag eines riesigen Meteoriten zum größten Massenaussterben der Erdgeschichte führte. Auch in diesem „Chicxulub“-Krater auf der Halbinsel Yukatan in Mexiko wird in einem Gemeinschaftsprojekt von IOCP und IODP - mit Beteiligung österreichischer Forscher - gebohrt.
Bei all diesen internationalen Erfolgen gebe es aber auch stets den Mangel an Finanzierung im eigenen Land zu überwinden, so Köberl. Hat man die Proben gewonnen, aufbereitet und grob analysiert, steht die genaue Untersuchung im eigenen Land an. In der Vergangenheit wurde diese oft vom Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert, doch dessen Mittel schwinden.
Außerdem werden vom IOCP meist nicht die kompletten Bohrungskosten erstattet, sondern eine Kofinanzierung der einzelnen Länder erwartet. Was für Österreich speziell schwierig scheint, denn es gibt selbst für die als exzellent begutachteten Projekte einfach keine Fördertöpfe, die solche Großprojekte bedienen. „Bei der Bohrung im El‘gygytgyn Krater in Sibirien zahlte das IOCP etwa ein Drittel, den Rest sollten die beteiligten Länder auftreiben“, so Köberl. Das waren Russland, die USA, Deutschland und Österreich. Russland sorgte für die Infrastruktur und Logistik, die Kollegen aus den USA und Deutschland erhielten jeweils drei Millionen Dollar. Vom viel kleineren Österreich erwartete man einen der Größe entsprechenden Beitrag.
Doch hierzulande gebe es keine passenden Förderfonds und das Wissenschaftsministerium erklärte, kein Geld dafür zu haben. „Als ich dort nach zwei Jahren ständigen Nachfragens erklärte, dass ich wohl aus dem Projekt aussteigen und den Kollegen kommunizieren muss, dass in Österreich nicht einmal fast schon symbolische 100.000 Euro als Beitrag aufzutreiben sind, hat man diesen Betrag aus einem Reservetopf hervorgezaubert“, so Köberl. Nachsatz: Mittlerweile gibt es nicht einmal mehr diese Reserve.
Diese Problematik betreffe nicht nur Geoforscher, sondern etwa auch Physiker, Astronomen und Biologen, wenn sie an Großprojekten teilnehmen wollen. In Deutschland fängt Großforschung bei 50 Mio. Euro an, im zehnmal kleineren Österreich nicht bei fünf, sondern man habe null Euro dafür reserviert, beklagt der Forscher. „Es ist dann immer eine Peinlichkeit ersten Ranges, wenn man aus dem drittreichsten Land Europas kommt, aber erklären muss: ‚Leider können wir kein Geld beitragen‘“, berichtet er.
Beim heutigen Symposium „Österreich in ICDP- und IODP-Programmen“ präsentieren heimische Forscher aktuelle Ergebnisse aus diesen Projekten. „Durch solch eine Leistungsschau hofft man nicht zuletzt auch bei den österreichischen Fördergebern ein Umdenken zu erreichen, und dass ein wenig mehr Geld für solche Grundlagenforschung bereitgestellt wird“, erklärte Köberl.
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