Deutschland sagt 100 Millionen Euro Nothilfe für Milchbauern zu

Berlin (APA/dpa/AFP) - Die deutschen Milchbauern sollen als Entlastung wegen drastisch gesunkener Preise Nothilfen von mindestens 100 Mio. E...

Berlin (APA/dpa/AFP) - Die deutschen Milchbauern sollen als Entlastung wegen drastisch gesunkener Preise Nothilfen von mindestens 100 Mio. Euro bekommen. Zur genauen Höhe will Agrarminister Christian Schmidt (CSU) noch Gespräche führen, wie er am Montag nach einem „Milchgipfel“ mit Vertretern von Bauern, Molkereien und Handel in Berlin sagte.

Der Bauernverband mahnte eine rasche Umsetzung ein. Schmidt betonte, die Marktbeteiligten selbst müssten zu einer stärkeren Mengensteuerung kommen. „Ein Weiter so kann es und wird es nicht geben.“ Hierüber wollten die Branchenverbände in Dialog treten.

Schmidt kündigte kurzfristige Finanzhilfen von „100 Millionen Euro plus X“ an. Wie groß das x über die 100 Millionen hinaus ausfällt, soll sich laut Schmidt in Gesprächen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der Unions-Bundestagsfraktion, auf europäischer Ebene und mit den Landwirtschaftsministern der Länder zeigen. X sei nicht „gleich null“, betonte Schmidt. Für nächste Woche kündigte er Gespräche mit den Länderministern an. Schmidt sagte, er erwarte auch von den Ländern eine finanzielle Beteiligung an der Existenzsicherung der deutschen Bauern.

Schmidt zufolge sollen im Bundeshaushalt für 2017 mindestens 78 Mio. Euro für Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung vorgesehen sein. Zudem sollen Milchbauern steuerliche Erleichterungen bekommen.

Im Hilfspaket des Bundes enthalten sein sollen nach Angaben des Ministers unter anderem Existenzsicherungshilfen, Steuerentlastungen und Freibetragsregelungen zur Schuldentilgung. Nachgedacht werde zudem über Bürgschaftsprogramme und eine Fortschreibung der Entlastung bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung im kommenden Jahr. Hierbei gehe es um Bundeszuschüsse von mindestens 78 Mio. Euro.

Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach von Schritten in die richtige Richtung. Das X hinter den 100 Mio. Euro müsse aber „viel, viel größer ausfallen“. Faktor zehn würde nicht ausgleichen, was Betriebe im Moment einbüßten. Er erwarte, „dass wir innerhalb der nächsten zwei Monate erste konkrete Ergebnisse haben. Viel länger Zeit haben unsere Milchbauern nicht.“ Die Preise für die Bauern sind teils unter 20 Cent je Liter gefallen. Um die Kosten decken zu können, gelten mindestens 35 Cent als nötig. Ursache des seit Monaten andauernden Preistiefs sind große Milchmengen auf den Märkten.

Schmidt betonte: „Wir brauchen weniger Milch für bessere Preise.“ Der Bund helfe kurzfristig in der Not. Es gelte aber: „Wir wollen keine Landwirtschaft, die am Tropf von Hilfszahlungen hängt.“ In der Marktwirtschaft sei es nicht Aufgabe des Staates, Produktionsmengen und Preise vorzuschreiben. Der Schlüssel zur Lösung der Krise liege in den Händen von Bauern, Molkereien und Handel. Der Präsident des Handelsverbands Deutschland, Josef Sanktjohanser, sagte: „Absprachen über einheitliche Mindestpreise im Handel darf und wird es aus kartellrechtlichen Gründen nicht geben.“ Der Handel nehme aber den Auftrag mit, sich auch weiterhin verstärkt dafür einzusetzen, dass deutsche Lebensmittel ihren Platz in den Supermarktregalen behalten.

Parallel zum „Milchgipfel“ protestierte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, der nicht eingeladen worden war, am Brandenburger Tor. Gummistiefel auf dem Pflaster symbolisierten aufgegebene Höfe. Der Vorsitzende Romuald Schaber sagte: „Wenn den Bauern Geld zur Verfügung gestellt wird, dann muss es an die Bedingung geknüpft werden, dass sie weniger produzieren.“ Um Mengen zu senken, fordert der Verband unter anderem einen Bonus von 30 Cent für das Nicht-Produzieren eines Liters Milch.

Auch in Österreich herrscht in der Branche Alarmstimmung wegen des Milchpreistiefs. Hier liegen Hoffnungen auf einen „Milchdialog“ am 14. Juni im Parlament mit Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP). ÖVP-Bauernbundpräsident Jakob Auer hat heute auf Ausführungen von Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes (ÖVP) repliziert, dass dieser klar gemacht habe, dass in Österreich die Herkunftskennzeichnung vorangetrieben werden müsse. „Das ist dringend notwendig“, so Auer. Die Konsumenten müssten österreichische Erzeugnisse auch bei der Verpflegung am Arbeitsplatz erkennen können.