Prekärer Rahmen bei Athener Prozess gegen „Goldene Morgenröte“

Athen (APA) - In Athen findet derzeit unter ungewöhnlichen Umständen der Prozess gegen das Führungsteam der rechtsextremistischen Partei „Go...

Athen (APA) - In Athen findet derzeit unter ungewöhnlichen Umständen der Prozess gegen das Führungsteam der rechtsextremistischen Partei „Goldene Morgenröte“ statt. Oder auch nicht. An sich befinden sich die griechischen Strafverteidiger im Arbeitsaufstand, für diesen Prozess gab es von ihrem Verband zeitweise Sondergenehmigungen für „Streikbrecher“. Aber auch sonst ist der Rahmen mitunter höchst prekär.

Gegen „Chryssi Avgi“ wird im Athener Stadtteil Korydallos verhandelt, im kleinen Gerichtssaal des dortigen Bezirksgefängnisses. Begründet wird die etwas ungewöhnliche Ortswahl mit Sicherheitsmaßnahmen, weil der Prozess im kleinen Rahmen besser überwacht werden kann. Nachdem der Prozess mehrmals unterbrochen oder verschoben worden war, ist die Fortsetzung von heftigen Auseinandersetzungen und Streitigkeiten geprägt. Zudem wurde auch dieser Prozess wegen des Streiks mitunter unterbrochen.

Die Anklage wirft den Parteimitgliedern vor, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Der Staatsanwalt von Athen, Charalambos Vourliotis, bezeichnete die „Goldene Morgenröte“ in seiner Anklageschrift als „eine Verbrecherorganisation nazistischen Typs mit militärischer Hierarchie und Struktur“.

Die Bedingungen sind eines Prozesses dieser Bedeutung keineswegs würdig: Während der Pausen müssen sich alle Beteiligten einen kleinen Raum teilen, also die Verteidiger und die Angeklagten mit den Angehörigen der Opfer von mutmaßlichen Gewalttaten, die teilweise Gegenstand der Verhandlung sind.

Laut Medienberichten entstand so ein Klima der Angst, das oft auch durch die Verteidiger der Angeklagten unterstützt wurde. Das wirke sich bereits auf die Verhandlungsführung aus, heißt es. Zeugen werden eingeschüchtert. Gelächter, ironische Kommentare seitens der Verteidigung der Angeklagten, sogar direkte Drohungen gegen Zeugen sorgen oft für Unruhe, Auseinandersetzungen, Aufregung und Streits.

Die Rechtsanwälte Griechenlands wiederum bleiben bis zum 6. Juni ihrer Arbeit fern. Das beschloss vorige Woche der griechische Koordinationsausschuss der Verbände der Rechtsanwälte des Landes. Die Advokaten befinden sich bereits seit fünf Monaten im Ausstand. Ausgenomen waren vorübergehend eben jene Juristen, die bei dem Prozess engagiert sind.

Der prominenteste Angeklagte ist der 47-jährige Jorgos R., der als Mitglied der „Goldene Morgenröte“ gilt. Er selbst dementiert jedoch einen direkten Zusammenhang mit der Partei. Er hat bereits gestanden, im September 2013 den Rapmusiker Pavlos Fyssas erstochen zu haben, wurde bisher aber wegen dieser Tat nicht verurteilt.

Jorgos R. sowie 68 Angeklagte der rechtsextremischen Partei hatten bisher bei dem Gerichtsprozess keinen Auftritt. Nur sechs Angeklagte waren erschienen. R. befindet sich unter permanentem Hausarrest mit Polizeibewachung.

Die maximale Dauer der Untersuchungshaft für R. war am 18. März 2016 abgelaufen, 30 Monate nach seinem Geständnis in dem Mordfall am 20. September 2013.

Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang statistische Details: Nach der Festnahme und der Verhängung der Untersuchungshaft gegen Parteichef Nikos Michaloliakos und anderen Kadern der „Goldenen Morgenröte“ im September, hätten sich Angriffe und Attacken gegen Migranten, Asylanten und Flüchtlingen deutlich reduziert, hieß es im „Jahresbericht des Netzwerks zur Aufzeichnung rassistischer Gewalttaten“ zu den Jahren 2012 und 2013. Die weitere Entwicklung wurde freilich noch nicht publik gemacht.