Scheiber: „Wenn es körperlich nicht passt, macht es keinen Sinn“
Riesentalent, Pechvogel, Stehaufmännchen. Florian Scheiber durchlebte in seiner Karriere mehr Tiefen als Höhen und zog nun ein Schlussstrich.
Von Max Ischia
Innsbruck – 21. Jänner 2016, Abschlusstraining auf der Kitzbüheler Streif: Nach einem Schlag löst sich die Bindung des rechten Skis, Florian Scheiber ist nur noch Passagier und landet im Fangnetz. Es sollte der letzte Schneekontakt auf einer Weltcuppiste für den 29-Jährigen sein. Irgendwie symbolhaft für eine Karriere, die aufgrund wiederholter verletzungsbedingter Rückschläge nie richtig Fahrt aufnehmen wollte.
Gestern Nachmittag machte Scheiber amtlich, was nach seiner sechsten Meniskus-Operation im Jänner ohnedies zu erwarten gewesen war. Er beendete seine Laufbahn. Ohne jedes Aufheben. Ein Dreizeiler im öffentlichen Netzwerk, das war’s. GAME OVER titelte er seinen Facebook-Eintrag, bedankte sich bei Familie, Sponsoren, Freunden und Fans und schloss mit einem „It was a pleasure“. Es war ihm eine Freude. Meistens zumindest.
So schwer ihm der Entschluss auch gefallen sein mag, der Schritt war unausweichlich. „Wenn der Körper nicht mehr mitspielt, hat es keinen Sinn.“ Vier Monate nach seinem Kitzbühel-Sturz, als er sich das Kreuzband riss und den Meniskus im rechten Knie abermals nachhaltig beschädigte, sind Schmerzen allgegenwärtig. „Der Knorpel im Knie ist kaputt. Radfahren geht einigermaßen, schmerzfrei spazieren ist schon das Höchste der Gefühle. Wenn überhaupt.“
Scheiber will einen Raubbau am Körper nicht abstreiten. Zwischen 2009 und 2013 musste er fünf Meniskus-Operationen über sich ergehen lassen, immer wieder kämpfte sich der zweifache Junioren-WM-Medaillengewinner (RTL-Silber und Kombi-Bronze) von 2005 und zweifache Europacup-Gesamtsieger (2009, 2012) zurück, ehe ihn ein Trainingssturz samt schwerer Gehirnerschütterung in Gröden 2014 endgültig aus der Bahn warf. Das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Körper funktionierte in der Folge nicht mehr reibungslos. Scheiber formulierte es einst so: „Die Vorstellung, wie ich manche Passagen fahren möchte, passt nicht mit dem zusammen, was die Muskeln in diesen Situationen machen.“ Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gab.
Sportlich, sagt der Sölder, falle seine Bilanz bescheiden aus. Der vierte Abfahrtsplatz 2012 in Beaver Creek sollte die einzige Top-Ten-Platzierung im Weltcup bleiben. „Das war für meine Möglichkeiten einfach zu wenig.“ Menschlich nehme er aber viel Prägendes mit in sein künftiges Leben, das den jungen Familienpapa (Tochter Ida, sieben Monate, Anm.) erst einmal zum Zoll führt. Auch die Trainerausbildung strebe er an. Scheiber möchte nur zu gerne sein Wissen weitergeben. Auch, was es heißt, hinzufallen und aufzustehen. Wieder und wieder.