Milchpreis: Tiroler LK fordert flexibles Mengensteuerungsystem
Der Landeskulturfonds greift den Landwirten mit rund 640.000 Euro unter die Arme. Das Land Tirol übernimmt Zinszahlungen der Bauern.
Innsbruck – Angesichts der drastisch gesunkenen Milchpreise hat die Tiroler Landwirtschaftskammer nun ein „flexibles Mengensteuerungssystem“ gefordert. „Sinnvoll wäre es eine freiwillige Mengenrücknahme durch finanzielle Anreize auf EU-Ebene zu erreichen“, meinte Tirols Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.
Dieser „freiwillige Lieferverzicht“ habe bereits in den 90er-Jahren gut funktioniert, sagte Hechenberger. Von einer starren Quotenregelung hält der LK-Präsident hingegen wenig, da es wichtig sei, flexibel auf Marktänderungen reagieren zu können. Auch das Russlandembargo sollte „überdacht“ werden, fügte Hechenberger hinzu. Wichtig sei jedenfalls mittelfristig eine europäische Lösung zu finden, um Nachfrage und Angebot wieder ins Lot zu bringen.
Um den Milchviehbetrieben in dieser „dramatischen Situation“ kurzfristig zu helfen, habe die Tiroler Landesregierung eine Soforthilfemaßnahme beschlossen, teilte Landeshauptmannstellvertreter und Bauernbundobmann Josef Geisler (ÖVP) mit. „Der Landeskulturfonds und das Land Tirol übernehmen im Jahr 2016 die Zinsen für laufende Agrarinvestitionskredite“, sagte Geilser. Der Landeskulturfonds greift den Bauern damit heuer mit rund 640.000 Euro unter die Arme, das Land Tirol übernimmt Zinszahlungen in der Höhe von 130.000 Euro. Zudem forderte Geisler vom Bund, dass die Rückzahlung von Investitionskrediten 2016 gestundet und die Laufzeit um ein Jahr verlängert werde. Eine entsprechende Richtlinienänderung werde derzeit vorbereitet, so der Landeshauptmannstellvertreter.
„Handelsketten nutzen die Probleme der Milchwirtschaft schamlos aus“
Hechenberger nahm auch den Handel in die Verantwortung. „Es gibt gewisse Handelsketten, die die schlechte Zeit in der Milchwirtschaft schamlos ausnützen“, sagte der Tiroler LK-Präsident. Tirols Bauern würden derzeit nur 27,3 Cent pro Liter konventionelle Milch bekommen. „Man kann gemeinsam einen fairen Anteil am Gesamtkuchen haben. Wir brauchen faire Partnerschaften mit dem Handel“, betonte Hechenberger. Das langfristige Ziel der Tiroler Produzenten müsse der verstärkte Absatz im eigenen Bundesland sein.
Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hatte zuvor bei der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung von einer „schwierigen Situation“ für die Milchbauern gesprochen. Sie seien mit einer deutlichen Senkung der Milchpreise konfrontiert, die „teilweise existenzbedrohend“ sei.
Um auf die niedrigen Milchpreise aufmerksam zu machen, wollen Landwirtschaftskammer, Bauernbund, die Bäuerinnenorganisation und die Jungbauernschaft morgen, Mittwoch, eine Verteilaktion an größeren Einkaufsorten in ganz Tirol starten. Zudem sollen Unterschriften gesammelt werden, die dann an den designierten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen übergeben werden.
Bauern lieferten im April um 6 Prozent mehr
Die heimischen Milchbauern reagieren auf das Preistief und den seit Frühjahr 2015 liberalisierten Milchmarktes mit einer kräftigen Produktionsausweitung. Im April stieg die Produktion im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,8 Prozent auf 278.828 Tonnen Milch. Der konventionelle Milchpreis für die Bauern befand sich im April nur mehr bei 28,2 Cent, nach 33 Cent im April 2015 und 40 Cent im April 2014.
Der konventionelle Erzeugermilchpreis ist somit in den vergangenen zwei Jahren um 30 Prozent eingebrochen. Rund 80 Prozent der heimischen Milchproduktion ist konventionell, 20 Prozent sind Bio- oder Heumilch. Laut dem aktuellen AMA-Marktbericht lag der konventionelle Milchpreis mit Heumilchzuschlag, den die Bauern von den Molkereien ausgezahlt bekommen, im April bei netto 34 Cent pro Kilogramm, Biomilch (ohne Heumilch) bei 41,4 Cent und Bio-Heumilch bei 47,3 Cent.
Auch im Mai ist nach Einschätzung der Agrarmarkt Austria nicht mit einer Verschnaufpause am Milchmarkt zu rechnen und keine Besserung der Auszahlungspreise für die Milchbauern zu erwarten. (APA)