Vital, kritisch und kreativ
Das flämische Barockorchester B’Rock und der russische Starpianist Alexander Melnikov gastieren mit einem Mozart-Programm im Innsbrucker Congress.
Von Ursula Strohal
Innsbruck –„Über Hals und Kopf“ schrieb Mozart die „Linzer“ Symphonie Nr. 36, für deren Komposition er nur vier Tage Zeit gehabt haben soll. Nicht gerade Hals über Kopf, aber mit sprühender Leidenschaft musiziert seit einem Dezennium das flämische Barockorchester B’Rock. Am Sonntag gastiert das Ensemble mit Alexander Melnikov am Hammerklavier (KV 453) mit einem Mozart-Programm im Innsbrucker Congress.
Einmal jährlich, berichtet der Kontrabassist und Orchestergründer Tom Devaere, verwirklicht B’Rock ein Mozart-Projekt mit dem Ziel, alle Mozart-Symphonien aufzuführen. Nächstes Jahr wird René Jacobs die drei letzten Symphonien mit den drei da-Ponte-Opern verlinken. Anfang Juni 2017 wird das Projekt in Würzburg zu hören sein, dann in Belgien, Bergen/Norwegen und eventuell in Eisenstadt.
Am 23. August 2016 ist der große Innsbrucker Congresssaal erneut für B’Rock reserviert, wenn das Orchester René Jacobs wieder zu den Festwochen der Alten Musik bringt. Auf dem Programm steht die konzertante Aufführung von Glucks Oper „Alceste“. B’Rocks Qualität liegt zunächst in seiner programmatischen Vielseitigkeit und stilistischen Flexibilität. Beides wird nicht zuletzt dadurch erreicht, dass die Musiker, alle freischaffend, auch mit anderen Ensembles musizieren. Für jede B’Rock-Produktion stehen aber dieselben Musiker zur Verfügung, das ist die Konstante für die Charakteristika. Die offene Struktur ermöglicht es, sich für jedes Projekt und jede künstlerische Vision von Partnern und Dirigenten eigens einzusetzen. Tom Devaere und zwei Manager verantworten die Arbeit des Orchesters, dazu trifft ein Komitee aus Musikern Entscheidungen. „Wir sind ein Kollektiv, sehr selbstkritisch und in Diskussion“, sagt Devaere. „Nicht die einfachste Lösung, aber eine, um gut und kritisch zu bleiben. Das macht die Kraft des Ensembles aus.“
Im August konzertiert B’Rock außer bei den Innsbrucker Festwochen bei der Ruhr-Triennale, im September ist Bachs Johannespassion unter Andreas Spering in Polen zu hören, das Requiem von Jean Gilles wird Gelegenheit bieten zu einem weiter verdunkelten Klangbild. Bachs Weihnachtsoratorium, Monteverdis Oper „Il ritorno d’Ulisse in patria“ unter Jacobs in Brüssel – „mit 55 Konzerten wird die Saison 2016/17 gut gefüllt sein“, sagt Devaere. Der Besonderheit des Orchesters, zeitgenössische Musik mit den alten Instrumenten aufzuführen, wird mit vier neuen Auftragswerken für kleine Besetzung entsprochen, die die Komponisten herausfordern.
B’Rock arbeitet mit prominenten Dirigenten, und natürlich ist die Vitalität und Experimentierfreude des Ensembles, das noch dazu aus seinem Land kommt, ideal für René Jacobs. „René ist musikalisch überaus interessiert und kreativ, er ist eine wandelnde Enzyklopädie“, streut ihm Devaere Rosen. B’Rock will kein Orchester der Romantik werden, aber mit Jacobs wird man die Verbindung von Schuberts Symphonien und Opern untersuchen. Und 2019 Alessandro Scarlattis „Il primo omicidio” in der Pariser Opéra Garnier aufführen.
Ganz nahe aber ist B’Rock am Sonntag, wenn die Musiker, noch dazu mit Starpianist Melnikov am Hammerklavier, erstmals in Tirol ihren Mozart hören lassen.