Deutsche Wirtschaft bleibt Jobmotor - „Flüchtlinge schaffen Arbeit“
Nürnberg (APA/dpa) - Der Trend geht seit Jahren nach oben - in deutschen Unternehmen entstehen jährlich tausende neue Jobs. Gute Chancen hab...
Nürnberg (APA/dpa) - Der Trend geht seit Jahren nach oben - in deutschen Unternehmen entstehen jährlich tausende neue Jobs. Gute Chancen haben vor allem Dienstleister. Inzwischen bietet auch die Flüchtlingszuwanderung vielen Arbeitslose neue Job-Chancen.
Er wächst und wächst - der deutsche Arbeitsmarkt scheint gemessen am Stellenangebot keine Obergrenze zu kennen. Glaubten Experten noch im vorigen Jahr, die Zeit der unentwegt steigenden Beschäftigtenzahlen gehe allmählich zu Ende, so müssen sie sich inzwischen eines Besseren belehren lassen: In deutschen Betrieben nimmt die Zahl der Stellen unaufhaltsam zu. Allein im April gab es nach Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) 31,21 Millionen reguläre Arbeitsplätze - 681.000 mehr als vor einem Jahr. Die deutsche Wirtschaft bleibt trotz einer Mai-Arbeitslosigkeit von 2,664 Millionen weiter ein Jobmotor.
Vorerst zeichnet sich nach Einschätzung der BA auch kein Ende des Aufwärtstrends ab. Bestätigt fühlt sich die Nürnberger Behörde dabei auch von der Zahl der freien Stellen: Die lag im Mai mit 655.000 zu besetzenden Jobs so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr. Und auch die Chefs der 156 deutschen Arbeitsagenturen zeigen sich in Sachen Beschäftigung optimistisch, wie die jüngste monatliche Befragung im Rahmen des IAB-Arbeitsmarktmonitors zeigt. Volkswirte deutscher Großbanken sehen das ganz ähnlich.
Dabei wächst der deutsche Arbeitsmarkt höchst einseitig. Zwar entstehen nach einer Aufstellung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in fast allen Branchen neue Stellen. Für die Dynamik der letzten Jahre hat aber vor allem die Dienstleistungsbranche gesorgt - eine statistische Einordnung, hinter der sich eine Vielzahl von Berufen verbirgt. Die Palette reicht von der Putzhilfe bis zum Patentanwalt - alles Bereiche, in denen die Schaffung neuer Arbeitsplätze, anders als bei Einstellungskampagnen großer Industrieunternehmen, oft kaum öffentlich wahrgenommen wird.
Trotzdem war auch die Industrie in den letzten Jahren stets auf der Suche nach zusätzlichen Arbeitskräften - allein im ersten Quartal 2016 waren es nach einer aktuellen IAB-Stellenanalyse 109.000. Im Vergleich dazu meldeten Anbieter sogenannter unternehmensnaher Dienstleistungen - Makler, Rechtsanwälte, Architekten, Wirtschaftsprüfer, Werbeagenturen - 272.000 freie Stellen. Dazu kamen 249.000 freie Stellen bei Anbietern einfacherer Dienstleistungen wie Sicherheitsdienste, Hausmeisterservice-Betrieben oder Reinigungsfirmen.
Langzeitarbeitslose haben von dem seit gut fünf Jahren andauernden Stellenboom bisher anscheinend aber kaum profitiert. Denn seit mehreren Jahren verharrt ihre Zahl bei rund einer Million; sie liegt damit genauso hoch wie die vom IAB ermittelte Zahl der offenen Stellen im vierten Quartal 2015. Für Kurzzeitarbeitslose scheinen dagegen die Hürden zurück in den Job dadurch gesunken zu sein. Das Verhältnis von Arbeitslosen zur Zahl der offenen Stellen ist seit der Jahresmitte 2013 mit leichten Schwankungen beständig geschrumpft: Von damals fast 4:1 auf ein Verhältnis von jetzt 3:1.
Einen kräftigen Schub, so zeigen jüngere Arbeitsmarkt-Analysen, bekam der Stellenmarkt nicht zuletzt von der Flüchtlingskrise. Auch wenn die Bundesagentur für die zweite Jahreshälfte mit einer steigenden Zahl arbeitsloser Flüchtlinge rechnet - die Milliarden-Ausgaben für die Unterbringung und Betreuung dieser Migrantengruppe schlagen sich inzwischen nach IAB-Erkenntnissen auch positiv auf dem Arbeitsmarkt nieder. Die Denkfabrik der Bundesagentur geht davon aus, dass im Zuge der jüngsten Flüchtlingskrise neue Stellen im „fünfstelligen Bereich“ entstanden sind.
Unter dem Druck, rasche Quartiere für Asylbewerber zu schaffen, Gemeinschaftsunterkünfte vor Übergriffen zu sichern, Flüchtlinge zu beraten und ihnen Deutschkenntnisse zu vermitteln und sie letztlich zu verwalten, entstanden nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern seit Mitte vergangenen Jahres Tausende neue Bauarbeiter-, Lehrer-, Sozialarbeiter-, Bewachungs- und Verwaltungsjobs. Allein im März suchten Baufirmen knapp 25.000 Bauleute für den Innenausbau und den Hochbau - Stellen, die ohne die Flüchtlingszuwanderung wahrscheinlich nicht entstanden wären. Bewachungsdienste meldeten im März knapp 16.000 freie Stellen, öffentliche Verwaltungen mehr als 5.000 rasch zu besetzende Jobs.