Standort Tirol

Herr über glühende Eisensicheln

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Vor fünf Jahren wurde in Österreich das Handwerk des Hufschmieds als Lehrberuf wieder eingeführt. Als einziger Tiroler hat der 19-jährige Florian Reiter aus Dölsach diese Ausbildung absolviert.

Von Christoph Blassnig

Dölsach –Florian Reiter ist neunzehn Jahre alt. Nur wenige Minuten von der Werkstatt seines späteren Arbeitgebers Eduard Moser im Ortsteil Görtschach aufgewachsen, hat er sich bald für das Metallhandwerk interessiert und nach der Schule und einem zweimonatigen Praktikum seine Lehre dort begonnen.

In der Schlosserei und Schmiede erkannte sein Lehrherr Florians Talent und Gespür für Tiere. Er riet dem jungen Mann zu einer Lehre als Hufschmied, die in Österreich erst seit fünf Jahren wieder angeboten wird. „Es hat schon sehr lange kein junger Osttiroler mehr dieses Handwerk erlernt“, weiß Florian. Mosers Großvater hat den Betrieb in Görtschach gegründet und noch als Huf- und Wagenschmied gearbeitet, bis in den 60er- und 70er-Jahren auch in Osttirol der Traktor die Pferde abzulösen begann. Der Vater übergab den Betrieb 1992 an Eduard, der ihn als Schmied und Landmaschinenbauer führt. „Heute gibt es in Österreich wieder so viele Pferde wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“, weiß Eduard, der selbst ebenfalls Interesse an diesen Tieren hat. Und wenn auch ein großer Teil davon Sport- und Freizeitpferde seien, erlebe das Pferd als Nutztier in der Landwirtschaft gerade seine Wiederentdeckung. „Voraussetzung ist die Liebe zur Arbeit und zum Tier“, sagt Moser. In der Holzbringung werden Pferde wegen ihres bodenschonenden Einsatzes im Gelände geschätzt. Aus Amerika komme auch zu uns der Trend, wieder Pflüge und Fuhrwerke nach alten Vorbildern zu fertigen und einzusetzen. Es gibt Arbeit für Florian.

Noch eine familiäre Verbindung zum Beruf des Hufschmieds besteht: Eduard Mosers Onkel Balthasar Winkler vulgo Hauser hat ebenfalls im Betrieb in Dölsach gelernt und war jahrzehntelang Hufschmied der Tragtierstaffel des Bundesheeres in Lienz. Bei Wettbewerben hat er es bis zum Europameister gebracht. „Am Flughafen in London hat es vor vielen Jahren einmal einen ziemlichen Tumult gegeben, weil er sein schweres Hufschmied-Werkzeug als Handgepäck durch die Sicherheitskontrollen bringen wollte“, erzählt Eduard Moser lachend.

Mittlerweile pensioniert, kann Balthasar Winkler den jungen Nachfolger an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben lassen. „Erfahrung ist überhaupt alles in dem Beruf“, ist Florian Reiter bewusst, dass er erst am Anfang steht. „Man muss behutsam und doch bestimmt vorgehen. Jedes Tier ist anders, und man hat mit Leben zu tun.“ In der Schule in Mistelbach haben deshalb unter anderem Tierärzte unterrichtet. Durch gezielten Hufbeschlag lassen sich Fehlstellungen im Bewegungsapparat ausgleichen. „Man kann aber viel kaputtmachen, auch wenn das niemals absichtlich passiert.“

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Alle sechs bis acht Wochen sollte der Hufschmied das Tier sehen. Früher wurden die Pferde zum Beschlagen zum Schmied nach Dölsach gebracht, heute fährt der Schmied zu den Pferden. Florians Lehrherr will seinem Mitarbeiter deshalb einen eigenen kleinen gasbetriebenen Schmiedeofen schenken, den er im Auto transportieren kann. Organisiert und abgerechnet werden die Termine noch von seinem Chef. Wenn Florian nicht gerade zum Beschlagen unterwegs ist, arbeitet er in der Schlosserei. Dorthin bringen Sterneköche ihre Pfannen zur Reparatur, und Landmaschinen und Traktoren müssen gewartet werden. „Wir machen eigentlich alles, was mit Metall zu tun hat“, sagt Florian. Auch Glocken und Kunstschmiedearbeiten entstehen. Gerade wird in der Werkstatt eine meterlange Stiege aus Stahl gefertigt.

„Das ist der Grund, warum ich nach meiner abgeschlossenen Hufschmied-Lehre noch die zweijährige Schlosserausbildung anhänge und gerade die Fachberufsschule in Lienz besuche“, erzählt Florian. Und Eduard Moser ergänzt verschmitzt, dass Florian wohl der einzige Hufschmied mit Schweißerprüfung sei.

Letztes Wochenende hat Florian in Zedlach Pferdehufe neu beschlagen. „Er darf wiederkommen. Ein gutes Zeichen, weil Rossbesitzer ihre Tiere lieben und nicht jeden Hufschmied akzeptieren“, berichtet Eduard Moser voller Anerkennung.

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