FOKUS 4-Brexit-Sorgen machen Europas Aktienanlegern zu schaffen

* Befürworter von Brexit laut Umfragen zuletzt meist vorne

* Finanzwerte wieder auf Talfahrt

* Ökostrom-Gipfel gibt Nordex Rückenwind (Neu: Xetra-Schlusskuse, US-Daten)

Frankfurt, 01. Jun (Reuters) - Ein möglicher Meinungsumschwung in Großbritannien zugunsten der Brexit-Befürworter hat am Mittwoch die Stimmung der Anleger in Europa belastet. Der Dax verlor 0,6 Prozent auf 10.204,44 Punkte, der EuroStoxx50 fiel um 0,8 Prozent auf 3038,77 Zähler. Bei einem Votum für den Austritt Großbritanniens aus der EU erwarten Experten ein weltweites Börsenbeben. „Daher gehen einige heute auf Nummer Sicher und nehmen die Gewinne vom Mai mit“, sagte ein Händler. Der Dax hatte im vorigen Monat zwei Prozent zugelegt. Die Abstimmung findet am 23. Juni statt.

Am Devisenmarkt fiel das Pfund Sterling um 0,5 Prozent auf 1,4403 Dollar - dem niedrigsten Stand seit zwei Wochen. Zuletzt hatte die Währung von Umfragen profitiert, in denen die Gegner eines Brexits vorne lagen. Analysten erwarten, dass das Pfund im Falle eines Votums für den EU-Austritt abstürzen wird. „Daher reagiert die Währung auf jede Umfrage“, sagte ein Börsianer.

Für Verunsicherung sorgt zudem weiter die US-Geldpolitik. Die meisten Anleger rechnen damit, dass die Notenbank Fed erst nach der Abstimmung in Großbritannien an der Zinsschraube drehen wird. Angesichts überraschend guter Daten aus der US-Industrie machten die US-Börsen ihre anfänglichen Verluste bis zum europäischen Handelsschluss fast wett. Der ISM-Einkaufsmanagerindex für Mai legte um 0,5 Zähler auf 51,3 Punkte zu. Den US-Börsen half auch die Erholung der Ölpreise, die nach Verlusten von bis zu fast drei Prozent wieder beinahe das Dienstagsniveau erreichten.

MINISTER GABRIEL SCHÜRT ÜBERNAHMEFANTASIE UM KUKA

Europaweit standen die Bankenwerte unter Druck. Die Titel der Deutschen Bank verloren 2,6 Prozent. Charttechnische Verkaufssignale trieben Händlern zufolge die Talfahrt an. Auch die italienischen, französischen und spanischen Banken zählten im EuroStoxx50 zu den größten Verlierern. Der EuroStoxx-Banken-Index fiel um zwei Prozent. Börsianer fürchten, dass die ohnehin gebeutelte Branche besonders unter einem EU-Austritt Großbritanniens leiden würde.

Im Dax zählten die Versorger RWE und E.ON mit Verlusten von jeweils rund drei Prozent zu den Schlusslichtern. Die Bundesregierung will den Betreibern von Atomkraftwerken bei der Finanzierung der Atom-Altlasten kein Schlupfloch lassen. Das Kabinett stimmte für eine Gesetzesinitiative zur Regelung der sogenannten Nachhaftung abgespaltener Konzernteile.

Im TecDax standen Nordex nach einer Empfehlung von Goldman Sachs mit einem Plus 8,5 Prozent ganz oben. Die Analysten hatten das Kursziel erhöht und die Titel in die „Conviction Buy List“ aufgenommen. In Deutschland soll ab 2017 die Förderung des Ökostroms Zug um Zug umgestellt werden. Goldman Sachs erwartet vor Inkrafttreten der Änderungen einen Boom beim Bau von Windkraftanlagen.

Im MDax legten Kuka 1,6 Prozent zu. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat offenbar die Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für den Versuch, ein Alternativangebot zur chinesischen Übernahmeofferte für die Roboterfirma auf die Beine zu stellen. (Reporter: Andrea Lentz, unter Mitarbeit von Hakan Ersen und Anika Ross,; redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069 - 7565 1312 oder 030 - 2888 5168.)