Fakten-Check: Ist Trump der neue Reagan?

Washington (APA/dpa) - „Ich bin der neue Ronald Reagan!“ Das hat nach dem Abgang des 40. US-Präsidenten noch jeder Republikaner gesagt, der ...

Washington (APA/dpa) - „Ich bin der neue Ronald Reagan!“ Das hat nach dem Abgang des 40. US-Präsidenten noch jeder Republikaner gesagt, der etwas werden wollte. Auch Trump würde das natürlich bestens zieren. Und? Ist er? Eine Überprüfung.

Ex-Schauspieler der eine, Ex-Reality-TV-Star der andere. Beiden wurde nichts zugetraut, bevor sie kometenartig aufstiegen. Beide Washington-Outsider, beide frühere Demokraten, ideologisch flexibel, beide geschieden. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen Ronald Reagan und Donald Trump. Es gibt aber nicht viele.

Reagan, 2004 gestorben, ist einer der Säulenheiligen der republikanischen Partei. Ein echter Held, verehrt und vielzitiert, ein Vorbild. „Der Frank Sinatra der Republikaner, alle ihre Politiker wollen sein wie er, alle Wähler wollen jemanden wie ihn“, schreibt „Politico“.

Zwischen dem „großen Kommunikator“ von damals und dem lautsprecherischen Frontmann der Republikaner heute gibt es aber sehr viel mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. „Mr. Trump, ich kannte Ronald Reagan. Und Sie sind kein Ronald Reagan.“ Der das sagt, sollte es wissen, denn Michael Reagan ist der Sohn des verstorbenen Präsidenten. „Von allen Kandidaten 2016 ist Trump am allerwenigsten so wie mein Vater.“

Ja, sagt Michael, sein Vater habe die Seiten gewechselt, habe früher Demokraten unterstützt. Aber dieser Wandel der Überzeugungen habe sich über Jahrzehnte vollzogen, während Trump die Fahne seines Populismus in jeden Wind hänge, von dem er sich Thermik verspreche. „Als mein Vater kandidierte, hatte er eine konservative Agenda und ein konservatives Weltbild. Nichts davon hat Mr. Trump.“

Alle Wegbegleiter Reagans, die sich öffentlich äußern, teilen diese Einschätzung. Zum Beispiel Stu Spencer und Ken Khachigian, die in Reagans Wahlkampfteam und als Redenschreiber arbeiteten. Sie sehen Reagans Wandel als eine Jahrzehnte währende, bewusste Reise. Trump aber lege binnen 24 Stunden jede beliebige Kehrtwende hin - notfalls auch gleich wieder zurück.

Mit großen, ernsthaften, klugen Beratern habe Reagan sich umgeben, schreiben die beiden im Blog „Real Clear Politics“, er habe sich lang informiert und alle Seiten abgewogen. „Trump dagegen sagt, seine militärischen Einschätzungen habe er aus Fernsehshows.“

„Let‘s make America great again“, das war 1980 auch Reagans Slogan. Aber, so Spencer, Reagan habe das unerschütterlich optimistisch und ausschließlich positiv gemeint. „Undenkbar, dass Reagan etwas sagte wie „unser Land geht zum Teufel“. Für Reagan ging es um Amerika, das großartig ist. Trump meint damit immer nur sich selbst.“ Trump werde befeuert von Hass, mache Angst, ziehe Energie aus dem Negativen.

Man wird dem eisern konservativen Reagan nicht nachsagen können, dass seine Standpunkte zweideutig gewesen seien. Aber er legte trotz aller Deutlichkeit seiner Positionen immer größten Wert auf Etikette, Form, Stil und Anstand. Auch wenn manche Beschreibungen Reagans einer späten Verklärung nahe sind - Grandezza sagen dem New Yorker Milliardär Trump selbst seine engsten Begleiter nicht nach.

Reagan sei immer Gentleman gewesen, schreibt „The Atlantic“, mit zwei Amtszeiten als Gouverneur Kaliforniens ein erfahrener Politiker, ein begnadeter Redner und stets kontrollierter Erklärer. „Trump mangelt es an Erfahrung, an konservativen Werten, und er kann schlicht nicht kontrollieren, was aus seinem Mund kommt.“

Im Amt (1981-89) wurde Reagan von Trump auch schon einmal verspottet. 1987 fragte Trump: „Ist eigentlich irgendwas hinter diesem Lächeln?“, was aus seinem Team heute nicht so gern zitiert wird.

Noch einmal Sohn Michael: „Ronald Reagan hat niemanden um ihn herum angegriffen oder herabgesetzt. Niemanden. Er hat alle vereint.“ Auf den Präsidenten geht das „elfte Gebot“ der Partei zurück: „Niemals sollst Du schlecht über einen anderen Republikaner sprechen.“ Während des gnadenlosen Wahlkampfes 2016 hat Trump exakt das Gegenteil getan. 16 Kandidaten könnten davon ein gemeinsames, bitteres Lied singen.

Der Kandidat Reagan sah die USA außenpolitisch bedrängt und wirtschaftlich geschwächt, appellierte in Zeiten eines zutiefst unbeliebten Präsidenten Jimmy Carter an das Land als bedrohte „leuchtende Stadt auf einem Hügel“. An diesem religiösen Gründungsmythos der USA versuchte sich auch Trump, aber nur kurz.

„Reagans Wähler wussten, wofür er stand“, schreibt die „Huffington Post“. „Sie kannten seine Ziele, seine Werte, seinen Weg.“ Nichts davon gelte für Trump. Säuberlich listet die „Chicago Tribune“ inhaltliche Unterschiede auf: Migration, Außenpolitik, Handel, Aufgaben einer Regierung, Ideologie - zwischen beiden lägen Welten.

Angesichts der Faktenlage zieht die Chefredaktion der Zeitung ein ähnliches Fazit wie fast alle anderen auch: „Die Ähnlichkeit ist nur scheinbar. Die Unterschiede zwischen Reagan 1980 und Trump 2016 sind größer und tiefer als die Gemeinsamkeiten.“