Innenpolitik

Asyl-Obergrenze halb ausgeschöpft

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Bis Ende Mai sind 18.950 von 37.500 erlaubten Asylverfahren eröffnet worden. Das Innenressort rechnet im Sommer mit einem Anstieg der Flüchtlingszahlen. Bundeskanzler Kern warnt vor „Horrorbildern“.

Von Wolfgang Sablatnig

Wien –SPÖ und ÖVP sind in Sachen Asyl wieder auf einer Linie. Nach zwei Tagen des Krachs um die richtigen Zahlen präsentierte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gestern eine Zählweise, an der sich die Regierung künftig orientieren will. Im heurigen Jahr sind zum Stand 29. Mai 18.950 Personen zum Asylverfahren zugelassen worden. Die Obergrenze für die Aufnahme neuer Asylwerber (37.500 im heurigen Jahr) ist demnach zu mehr als der Hälfte ausgeschöpft. Für den Sommer rechnet der Innenminister mit einem Anstieg der Zahlen.

Sobotka sprach gestern von „Verwechslungen bzw. Missverständnissen“. Auslöser war Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der am Dienstag nach dem Ministerrat erstens eine Zahl von bisher 11.000 neuen Asylanträgen genannt und die Obergrenze zweitens auf „Asylberechtigte“ bezogen hat. Zuvor war berichtet worden, dass seit Jahresbeginn schon mehr als 20.000 neue Asylanträge gestellt worden seien.

Nun gilt eine dritte Lesart: Von 22.300 Asylwerbern des heurigen Jahres sind 12.261 schon zum Asylverfahren zugelassen – auf diese Zahl dürfte sich auch Kern bezogen haben. Dazu kommen aber fast 7000 Personen, die schon im Vorjahr einen Antrag gestellt haben, die aber erst heuer zugelassen worden sind. In Summe macht das die 18.950 Verfahren (siehe Kasten rechts).

Unstrittig ist nunmehr auch, dass sich die Obergrenze auf Personen bezieht, die „zum Asylverfahren zugelassen“ sind – so steht es im entsprechenden Ministerratsvortrag vom März. „Asylberechtigt“ hingegen ist nur, wer einen positiven Asylbescheid in Händen hält. Experten gehen davon aus, dass die Anerkennungsquote bei 40 bis 45 Prozent liegen dürfte. Bei 18.950 Verfahren wären das bis zu 8500 Personen.

Die Differenz zwischen Anträgen und Zulassungen ergibt sich großteils aus dem Dublin-Abkommen: Mehr als 12.000 Flüchtlingen waren vor ihrer Einreise schon in einem anderen EU-Land registriert. Viele werden letztlich dennoch ein Asylverfahren in Österreich bekommen, weil eine Zurückschiebung vor allem nach Griechenland und Ungarn nicht möglich ist.

Das Bundeskanzleramt hat die Zahlen Sobotkas bestätigt. Anders als der Innenminister versucht Kern aber, das Augenmerk auf die Integration zu lenken: „Wie sorgen wir dafür, dass sie eine Beschäftigung bekommen und nicht in Parks herumlungern?“ Bei seinem ersten Auftritt im Bundesrat warnte er auch davor, „Horrorbilder“ zu konstruieren. Kern: „Ich bin kein Freund davon, einen Notstand zu konstruieren, wo keiner vorliegt.“

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hofft, dass der Streit um die Zahlen nun beendet sei. Die Bevölkerung habe dafür ohnehin kein Verständnis.

Die Opposition ist vom Ende des Zahlenstreits wenig beeindruckt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache warf Kern und Sobotka vor, den Österreichern die wahre Situation vorzuenthalten. Es sei „skandalös“, wie sie die Statistik zurechtbögen.

Die Grünen fordern einen „Neubeginn in der Integrationspolitik“, mit umfangreicheren Deutschkursen und einem schnelleren Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt.

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