Rechtsanwälte orten Mängel in Gesetzgebung und bei Strafgerichten

Wien (APA) - Österreichs Rechtsanwälte haben am Donnerstag eine „Fieberkurve des Rechtsstaates“ vorgelegt. Laut der Studie gibt es vor allem...

Wien (APA) - Österreichs Rechtsanwälte haben am Donnerstag eine „Fieberkurve des Rechtsstaates“ vorgelegt. Laut der Studie gibt es vor allem bei der Qualität der Gesetzgebung, der Strafgerichtsbarkeit und der Rechtssicherheit juristischer Personen Mängel. Im Vergleich mit Deutschland und Slowenien landet Österreich in der Mitte. Präsentiert wurde zudem der alljährliche Wahrnehmungsbericht der Anwälte.

Anhand einer Anwältebefragung (107 Teilnehmer) und der Auswertung von 30 Indikatoren wurden Stärken und Schwächen des heimischen Rechtsstaates erhoben. Wie der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), Rupert Wolff, in einer Pressekonferenz erklärte, stachen unter anderem die Bereiche „Qualität und Stabilität staatlicher Strukturen“ und der geringe Einfluss von Korruption positiv hervor. Auch bei „Ordnung und Sicherheit“ schnitt Österreich gut ab.

Unter 100 zu erreichenden Punkten kam Deutschland auf 72, Österreich auf 57 und Slowenien auf 31. In Zukunft soll die Untersuchung jährlich aktualisiert und um weitere Nachbarländer erweitert werden, so Wolff.

Im ÖRAK-Wahrnehmungsbericht, der bereits zum 42. Mal vorgelegt wurde, werden einmal mehr Mängel im Gesetzgebungsverfahren kritisiert. Die Mindestfrist für Begutachtungsverfahren werde sehr häufig nicht beachtet, so der Präsident. „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Politik hier versucht, Gesetze an der Zivilgesellschaft vorbeizuschummeln.“ Wolff verlangt hier „Good Governance Rules“, und der Bundespräsident sollte Gesetze nicht unterschreiben, wenn sie nicht entsprechend zustande gekommen seien.

Kritisch sehen die Anwälte den steigenden Hang zum Überwachungsstaat, zum Beispiel mittels „Bundestrojaner“, aber auch die 13 Novellen im Asyl- und Fremdenrecht innerhalb von nur zehn Jahren. Unglücklich sind sie mit der vom Justizministerium angepeilten Verlängerung der großen Kronzeugenregelung. Schon ein Klassiker ist die Unzufriedenheit des ÖRAK mit hohen Gerichts- und Rechtsgeschäftsgebühren.

In der Berufspraxis orten die Rechtsanwälte immer wieder Probleme mit der Akteneinsicht. So gibt es bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten Aktenkopien nur gegen Vorauskasse, es sei denn, man ist niederösterreichischer Anwalt. Mit „Entsetzen“ sieht man auch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, dass auch im elektronischen Rechtsverkehr die Amtsstunden - beim Bundesverwaltungsgericht von 8 bis 15 Uhr - einzuhalten sind.