Fußball: Länderporträt Kosovo - Jüngster Staat Europas
Wien (APA) - Unter dem Slogan „Newborn“ ist die Republik Kosovo vor nicht einmal achteinhalb Jahren bei der Unabhängigkeitserklärung am 17. ...
Wien (APA) - Unter dem Slogan „Newborn“ ist die Republik Kosovo vor nicht einmal achteinhalb Jahren bei der Unabhängigkeitserklärung am 17. Februar 2008 aus der Taufe gehoben worden. Sie ist damit nicht nur der jüngste Staat Europas, sie ist auch der Staat mit der jüngsten Bevölkerung des Kontinents. Der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 27 Jahren, der österreichische im Vergleich dazu bei etwa 43 Jahren.
Der kosovarische Staat ist tatsächlich ein Neugeborener und keine Wiedergeburt, denn Eigenstaatlichkeit hatte er in der Geschichte niemals besessen. Das Gebiet war heftig umkämpft, als auf dem Balkan muslimische Osmanen und christliche Europäer um die Herrschaft rangen. So kam es 1389 zur Schlacht auf dem Amselfeld (serbisch: Kosovo polje): Die Serben unter Fürst Lazar unterlagen den Türken, der Kosovo war in der Folge über Jahrhunderte Teil des Osmanischen Reichs. Viele Serben wanderten aus, die dort lebenden Albaner nahmen den Islam an.
Beim Zerfall des Osmanischen Reiches nahmen die Serben den Kosovo wieder ein, vielen von ihnen gilt er als Wiege ihrer orthodoxen Kirche und Nation, obwohl sie in der Geschichte dort womöglich nie die Mehrheit stellten. Heute sind 90 Prozent der Einwohner ethnische Albaner.
Zuletzt war der Kosovo eine Provinz der jugoslawischen Teilrepublik Serbien gewesen. Als der serbische Präsident Slobodan Milosevic ihr 1989 Autonomierechte entzog, setzte das eine Unabhängigkeitsbewegung unter den Kosovo-Albanern und eine Konfliktspirale in Gang, die 1998 in den von Vertreibungen geprägten Kosovo-Krieg mündete. Die NATO griff mit Bombardements gegen die damalige Bundesrepublik Jugoslawien ein, Belgrad verlor die Herrschaft über den Kosovo, der für Jahre unter UNO-Verwaltung stehen sollte.
Nachdem Verhandlungen mit Serbien in Wien über den künftigen Status des Kosovo kein Ergebnis gebracht hatten, kam es schließlich zur Unabhängigkeitserklärung, wobei der Kosovo von den USA und vielen EU-Staaten, darunter Österreich, dabei unterstützt wurde. Russland wiederum unterstützt Serbien dabei, dass der Kosovo nicht in die UNO und andere internationale Organisationen aufgenommen wird. Serbien geht auch gegen die Aufnahme des Kosovo in den Fußball-Weltverband FIFA und den europäischen Verband UEFA vor, die das Länder-Spiel gegen die Färöer-Inseln erst ermöglicht hat. Die Teilnahme des Kosovo an der Qualifikation zur WM in Russland wurde ausgesetzt.
Auch wenn Serbien die Unabhängigkeit niemals anerkennen will, die EU hat für eine Annäherung sowohl Serbiens als auch des Kosovo eine Normalisierung im Verhältnis zueinander zur Bedingung gemacht, so dass beide Seiten miteinander sprechen. Paradox auch die völkerrechtliche Lage: Während eine nach wie vor bestehende UNO-Resolution den Kosovo als Teil Serbiens betrachtet, ist die Unabhängigkeit inzwischen von 111 der 193 UNO-Staaten anerkannt worden.
Schon zu Zeiten Jugoslawiens galt der Kosovo als vernachlässigt und rückständig, ein Wirtschaftsaufschwung fehlt bis heute, es herrscht weitverbreitete Armut. Viele Kosovaren sind Kleinbauern und Selbstversorger oder leben als Kleinunternehmer, denen aber oft das Kapital zur Weiterentwicklung ihrer Betriebe fehlt. Das durchschnittliche Monatsgehalt liegt zwischen 350 und 400 Euro. Die Arbeitslosigkeit dürfte etwa 40 Prozent betragen, unter den Jungen laut dem UNO-Kinderhilfswerk UNICEF sogar 70 Prozent.
1,8 Millionen Menschen leben heute im Kosovo. Viele haben das Land, das flächenmäßig kleiner als Oberösterreich ist, in den vergangenen Jahrzehnten aber verlassen. Sie schicken Geld nach Hause, damit sich ihre Familien etwas kaufen können. Besonders viele Kosovo-Albaner gingen nach Deutschland oder in die Schweiz, wo heute zwischen 200.000 und 250.000 von ihnen leben. Gleich mehrere Spieler der Schweizer Fußballnationalmannschaft sind gebürtige Kosovo-Albaner. Sie müssen sich nun entscheiden, ob sie nicht in die kosovarische Elf wechseln.
In Österreich haben sich laut der Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen zwischen 30.000 und 60.000 Albaner aus dem Kosovo einen neuen Lebensmittelpunkt gesucht. Der Kosovo ist auch ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Mit 400 bis 500 Soldaten ist das österreichische Bundesheer an der NATO-geführten Schutztruppe KFOR beteiligt, die nach wie vor im Kosovo stationiert ist. Österreicher arbeiten auch für die EU-Mission EULEX, die den Kosovo beim Aufbau von Justiz und Polizei nach europäischen Standards unterstützt.
(Grafik-Nr. 0640-16, Format 88 x 80 mm)